Integrative OnkologieMehr Lebensqualität durch Integrative Krebstherapie

Die Integrative Onkologie zielt darauf, die konventionellen Krebsbehandlungskonzepte zu ergänzen, um Nebenwirkungen zu lindern und die Lebensqualität der Patient*innen zu erhöhen. 

Mistelzweig und Spritze
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Eine supportive Therapie mit Mistelextrakten kann krebsbedingte Fatigue lindern. Die Effekte sind vergleichbar mit körperlicher Aktivität, zeigt eine systematische Analyse kontrollierter Studien.

Etwa eine halbe Million Menschen erkranken in Deutschland jährlich neu an Krebs. Immer mehr Betroffene können sehr gut behandelt werden und das Risiko, an Krebs zu sterben, geht hierzulande zurück. 
Weltweit forschen Wissenschaftler*innen nach Verfahren, um krebskranke Menschen zu behandeln und zu begleiten.

Beim World Congress of Integrative Oncology (WOCOIO) kamen Ende September 2023 in Ludwigsburg bei Stuttgart rund 250 Ärzt*innen aus aller Welt zusammen - um sich auszutauschen sowie Innovationen auf dem Gebiet der Integrativen Onkologie zu vorzustellen. Auf der Agenda standen patientenorientierte, klassische onkologische Ansätze als auch evidenzbasierte ergänzende therapeutische Methoden. 

Integrativmedizinische Behandlung von Krebs

Patient*innen entscheiden sich immer häufiger für eine integrativmedizinische Behandlung. Sie umfasst neben den konventionellen Therapien (Chemotherapie, Bestrahlung, Operation) ergänzende Verfahren, wie naturheilkundliche Elemente, Ernährung oder Hyperthermie. Die Integrative Onkologie will die konventionellen Krebsbehandlungskonzepte nicht ersetzen, sondern ergänzen. Ziel ist, Nebenwirkungen der konventionellen Behandlungen zu mildern und die Lebensqualität der Krebspatient*innen zu erhöhen.

Viele dieser Möglichkeiten wurden in dem thematisch breit aufgefächerten Kongressprogramm vorgestellt. Unter anderem eine Studie aus Deutschland, die die Wirksamkeit bei krebsbedingter Fatigue untersuchte.

Systematischer Review: Misteltherapie bei krebsbedingter Fatigue

Krebsbedingte Müdigkeit zählt zu den häufigsten und belastendsten Symptomen von Krebspatient*innen. Körperliche Aktivität und psychosoziale Interventionen werden derzeit als Erstlinientherapie empfohlen. Körperliche Aktivität ist nicht in allen onkologischen Situationen anwendbar, beispielsweise bei Kachexie. Florian Pelzer von der Universität Witten/Herdecke hat beim WOCOIO-Kongress eine Arbeit vorgestellt, in der die Misteltherapie wissenschaftlich überprüft wurde.

In einem systematischen Review überprüften Florian Pelzer und Kollegen, ob Mistelextrakte als pharmakologische Therapie krebsbedingte Fatigue lindern können [1].

In ihrer Arbeit überprüften sie systematisch randomisierte (RCTs) und nichtrandomisierte Studien (NRSIs) zu Interventionen bei Krebspatient*innen. 12 RCTs und 7 NRSIs mit insgesamt rund 4100 Patient*innen wurden in die Analyse einbezogen. Einschlusskriterien waren das Auftreten krebsbedingter Fatigue und die Prüfung von Mistelextrakten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe.

Das Ergebnis der Analyse ergab: Die Behandlung mit Mistelextrakten zeigt moderate Effekte auf eine krebsbedingte Fatigue. Die Effekte seien ähnlich groß wie bei körperlicher Aktivität.

Einschränkend berichten die Forscher*innen: Die Heterogenität sei in beiden Metaanalysen hoch gewesen. Zudem bestand ein hohes Verzerrungsrisiko.

„Aufgrund der gegenwärtigen Metaanalysen können wir zeigen, dass durch die Gabe von Mistelextrakten Menschen, die an Krebs erkrankt sind, weniger Müdigkeit erleben und ihren Alltag besser bewältigen können“, sagt Pelzer. Die Leitlinie zur Behandlung von krebsbedingter Fatigue empfiehlt Betroffenen Bewegung und Sport, um den Muskelmetabolismus anzuregen. Viele Betroffene sind aber so erschöpft, dass sie sich kaum bewegen können.  Die Misteltherapie sei eine der wenigen pharmakologischen Möglichkeiten, bei krebsbedingter Fatigue zu intervenieren. Zudem sei sie gut erforscht und wird häufig in der Integrativen Onkologie eingesetzt.

Integrative Onkologie weltweit eingesetzt

Die European Society for Integrative Oncology (ESIO) brachte mit dem World Congress of Integrative Oncology Expert*innen aus der ganzen Welt zusammen. „In der Integrativen Onkologie finden wir sinnvolle und wirksame Verfahren, mit denen wir Patient*innen bestmöglich behandeln können“, sagt Dr. Boris Hübenthal vom Zentrum für Integrative Onkologie (Schweiz). „Mit dem Kongress wollen wir Ärzt*innen zusammenbringen, denn oftmals identifizieren sie sich entweder mit der konventionellen Schulmedizin oder der komplementären Onkologie. Und nur in der Kombination können wir den Betroffenen wirklich helfen“, so der Onkologe weiter.

Um diesen Austausch weiter zu fördern, ist ein nächster Kongress für 2025 geplant.

Quelle: DAMiD

Literatur

[1] Pelzer F, Loef M, Martin DD et al. Cancer-related fatigue in patients treated with mistletoe extracts: a systematic review and meta-analysis. Supportive Care in Cancer 2022; https://link.springer.com/article/10.1007/s00520-022-06921-x