SchmerzenEvidenzbasierte Aromatherapie bei Schmerzen

Monoterpene können durch den sog. „Counterirritant-Effekt“ eine beruhigende Wirkung auf das Schmerzgeschehen ausüben. Anwendung in unterschiedlichen Schmerzarealen und Körperregionen.

Inhalt
Komposition aus Lavendelstrauß und Aromaölfläschchen.
Olena Rudo/stock.adobe.com

Monoterpene können die Nozizeption, also die Wahrnehmung von Schmerzen im Körper, deutlich herabsetzen und haben so eine beruhigende Wirkung auf das Schmerzgeschehen.

Leben bedeutet leider auch immer: Schmerzen zu verspüren. Wir alle lernen dieses Gefühl des Unwohlseins bereits bei der Geburt kennen. Um uns herum presst, drückt und zieht es. Es wird geschnitten, gerubbelt, geblendet. Manchmal werden wir wegen undefinierbarer Schmerzen zu Schreibabys, können jedoch nicht klar mitteilen, was verkehrt läuft. Irgendwann wachsen sich die meisten Schmerzen aus – hoffentlich (leider nicht immer). Doch zu leben heißt auch, große und kleine Abenteuer zu erleben. Dabei können uns Schnitte, Prellungen, Verbrennungen, Brüche und viele andere „Auas“ begegnen, die Schmerzen verursachen. Dazu kommen Schmerzen beim Zahnen, beim Wachsen, dann von Sportunfällen, Skifahren und beruflichem Neuland. Irgendwann gesellen sich dann noch die Zipperlein des Älterwerdens dazu, die ganze Palette „dürfen“ dann die meisten Senioren erfahren.

Monoterpene

Doch es ist (mehr als) ein Kraut gegen Schmerzen gewachsen. Genauer gesagt stark verdichtete, durch Destillation gewonnene Extrakte aus diversen Duftpflanzen, die eine erstaunlich besänftigende Wirkung auf unsere Pein ausüben können. Denn wesentliche Bestandteile der meisten ätherischen Öle sind Monoterpene, einfache Kohlenwasserstoffe (C10H16), die aus Ketten aus 10 Kohlenstoffatomen bestehen. Zahlreiche dieser Naturdüfte bestehen sogar vorwiegend aus diesen auf dem Isopren-Molekül aufbauenden Stoffen: α- und β-Pinene, Myrcen, p-Cymen etc. Für die Entschlüsselung dieses für den Menschen so wichtigen Grundmoleküls, das sich durch Vervielfältigung bis hin zu hormonartigen Stoffen und Carotinen wandeln kann, gab es 1910 den Nobelpreis für den Chemiker Otto Wallach (1847–1931).

Monoterpene können durch den sog. „Counterirritant-Effekt“ eine verblüffend beruhigende Wirkung auf das Schmerzgeschehen ausüben. Der Counterirritant-Effekt erklärt sich durch eine minimale lokale Reizung, auf die eine Entleerung des Neuropeptids Substanz P ins Gewebe folgt, wodurch die Schmerzwahrnehmung (Nozizeption) deutlich herabgesetzt wird. Dieser Mechanismus kann durch Monoterpene ausgelöst werden. Wir Aromatherapeut*innen haben zudem zahlreiche Spezialisten-Öle, die Menthol, Eugenol sowie das hoch potente Methylsalicylat enthalten, zur Verfügung.

Da etliche Inhaltsstoffe von ätherischen Ölen zudem eine nachgewiesene antiinflammatorische Wirkung besitzen, können wir deren schonende und dennoch so effektive „Two-in-one“-Wirkungen bei vielen Arten von Schmerzen nutzen. Auch als adjuvante und lokal anzuwendende Unterstützung konnten sich Mischungen aus ätherischen Ölen gut bewähren: Der Verbrauch an belastenden Schmerzmitteln kann in vielen Fällen reduziert werden. Uns steht eine ansehnliche Auswahl an Naturdüften zur Schmerzlinderung zur Verfügung. Schauen wir uns im Folgenden die Evidenz aus zahlreichen Studien an.

Evidenzen

Ein Team aus brasilianischen Wissenschaftlern durchforstete die Datenbank PubMed zum Thema Schmerzlinderung [1]. In über 300 Studien zu 63 ätherischen Ölen wurden Arbeiten von Januar 2013 bis Dezember 2014 einbezogen. Diese Studien beleuchten insbesondere die Monoterpene-Verbindungen in den entsprechenden Ölen sowie 26 isoliert untersuchte Substanzen (wie Menthol, Linalool, Limonen, Myrcen und 1,8-Cineol). Es handelte sich zwar um In-vivo-Experimente, leider allesamt an Tieren, wie sie bei Schmerzstudien vorwiegend durchgeführt werden. Die in diesem Review untersuchten – eher hier in Europa erhältlichen – Öle mit bestätigten schmerzlindernden und entzündungshemmenden Eigenschaften waren:

  • Citrus limon (Zitrone)
  • Cymbopogon citratus und Cymbopogon winterianus (Lemongrass und Citronella)
  • Eucalyptus citriodora (Zitroneneukalyptus)
  • Matricaria recutita (Deutsche Kamille)
  • Ocimum basilicum und Ocimum gratissimum (Basilikum)
  • Syzygium aromaticum (Eugenia caryophyllata; Gewürznelke)
  • Satureja hortensis (Garten-Bohnenkraut)
  • Valeriana wallichii (eine Baldrianart aus dem Himalaya)
  • Zingiber officinale (Ingwer)

Das sicherlich pharmakologisch aktivste schmerzlindernde ätherische Öl wird aus den Blättern und/oder Früchten dreier der ca. 134 Arten der Scheinbeeren (Gautheria) aus der Familie der Heidekrautgewächse destilliert: Wintergrünöl. Es besteht zu ca. 95 % aus Methylsalicylat, darum muss es sehr sorgfältig – möglichst nur von gut geschulten Personen – angewendet werden. Leider wird es im Zuge der neuen Aromatherapiemode, die vorwiegend durch Laien verbreitet wird, oft sehr leichtsinnig und überdosiert empfohlen.

In einer Übersichtsarbeit werden umfassende Informationen über die Phytochemie, die flüchtigen Bestandteile und die Pharmakologie der Gattung Gaultheria herausgearbeitet, um ihr Potenzial zu erkunden und die Forschung voranzutreiben. Die Gattung der Scheinbeeren wird in ethnischen Arzneimitteln vorwiegend zur Heilung von Rheuma und zur Schmerzlinderung verwendet. Phytochemische Untersuchungen der Gattung Gaultheria zeigten das Vorhandensein von Methylsalicylat-Derivaten, C6-C3-Bestandteilen, organischen Säuren, Terpenoiden, Steroiden und anderen Verbindungen. Methylsalicylat-Glykosid wird als charakteristischer Inhaltsstoff dieser Gattung angesehen, dessen antirheumatische Effekte möglicherweise einen neuen Wirkmechanismus haben [2].

Schmerzen am Knie oder Fußgelenk

Aus Frankreich kommt eine kleine Untersuchung an 30 Patienten mit Knie- oder Fußgelenkschmerzen (verletzungsbedingt oder nach chirurgischen Eingriffen). Sie wurden mit 2 dort bekannten Produkten behandelt, die auf natürlichen Inhaltsstoffen basieren (Dermasport und Solution Cryo). Enthalten sind die ätherischen Öle von Wintergrün, Birke, Cajeput, Römischer Kamille, Kampfer, Zitrone, Gewürznelke, Eukalyptus und Zypresse. Die Patienten wurden jeweils von 6 unabhängigen Physiotherapeuten begutachtet. 30 Minuten nach den jeweiligen Behandlungen wurde eine hochsignifikante Reduktion der Schmerzen in Ruhe und bei Bewegung (p < 0,001), vermehrte Mobilität (p < 0,001 und p = 0,004), Verringerung der Schwellung sowie ein Rückgang der Ödeme beobachtet [3].

Osteoarthritis der Knie

In einer einfach verblindeten, randomisierten klinischen Studie wurden 90 Patienten mit Kniearthrose nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und in 3 Gruppen eingeteilt: Interventions- (Aromatherapiemassage mit Lavendelöl), Placebo- (Massage mit Mandelöl) und Kontrollgruppe (ohne Massage). Die Aktivitäten des täglichen Lebens der Patienten verbesserten sich in der Interventionsgruppe unmittelbar und 1 Woche nach der Intervention signifikant im Vergleich zu ihrem Ausgangszustand (p < 0,001) und dem der Kontrollgruppe (p < 0,001 bzw. p = 0,03). Vier Wochen nach der Intervention gab es jedoch keinen signifikanten Unterschied mehr. Die Autoren dieser Studie ziehen das Fazit: Eine Aromatherapie-Massage mit ätherischem Lavendelöl kann die Häufigkeit von Behinderungen bei den Aktivitäten des täglichen Lebens bei Patienten mit Kniearthrose verringern [4]. Ich selbst bin nach langjähriger Anwendung bei meinem ausgeprägten Knieschaden (Kreuzbandriss im Jahr 1992) von der stärkeren, unten stehenden bewährten Rezeptur überzeugt.

Bewährtes Schmerzöl zum selbermachen

(Eine höhere Dosierung darf aus rechtlichen Gründen nur im privaten Bereich verwendet werden und ist nicht als Daueranwendung gedacht.)

  • 50 ml Johanniskraut (oder Olivenöl)
  • 5–10 Tr. Gaultheria procumbens (Wintergrün)
  • 4 Tr. Laurus nobilis (Lorbeerblätter)
  • 4 Tr. Origanum majorana (Majoran)
  • 4 Tr. Syzygium aromaticum (Gewürznelkenknospe)
  • evtl. 3 Tr. Mentha piperita (Pfefferminze; alternativ: Cajeput)
  • evtl. 3 Tr. Piper nigrum (Pfeffer schwarz; alternativ: Ingwer dest.)

Gut mischen, mehrfach täglich auftragen, idealerweise ein Eispack darauflegen.

Leichte bis mittlere Schmerzen

Eine okklusive Pflasterformulierung, die 10 % Methylsalicylat und 3 % L-Menthol enthält, wurde von der US-amerikanischen Food and Drug Administration für die Behandlung von leichten bis mittleren Schmerzen zugelassen. Trotz des weit verbreiteten Einsatzes von Counterirritantien (einschließlich Methylsalicylat und Menthol) zur topischen Schmerzlinderung sind die veröffentlichten Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit bezüglich der Verwendung der Wirkstoffe allein oder in Kombination begrenzt.

In dieser Studie sollten darum die Wirksamkeit und das Sicherheitsprofil eines Pflasters mit 10 % Methylsalicylat und 3 % L-Menthol im Vergleich zu einem Placebo-Pflaster bei erwachsenen Patienten mit leichter bis mittelschwerer Muskelzerrung untersucht werden [5].

Die 208 teilnehmenden Patienten waren Männer und Frauen mit der klinischen Diagnose einer leichten bis mittelschweren Muskelzerrung. Sie wurden nach dem Zufallsprinzip entweder einem aktiven Pflaster oder einem Placebo-Pflaster zugeteilt, das auf die Haut der betroffenen Stelle (Schulter, oberer Rücken, Oberarm, Nacken, Wade, Oberschenkel, Unterarm, Bauch) aufgeklebt wurde.

Die Patienten (104 Männer, 104 Frauen; Alter 18–78 Jahre) wurden in eine von 2 Studiengruppen randomisiert (105 in der Aktiv-Pflaster-Gruppe, Durchschnittsalter 37,3 Jahre; 103 in der Placebo-Pflaster-Gruppe, Durchschnittsalter 38,1 Jahre). Die Schmerzintensität wurde auf einer 100mm-Analogskala in Ruhe und bei Bewegung bewertet. Der primäre Wirksamkeitsendpunkt war der Summed Pain Intensity Difference Score über 8 Stunden (SPID8) bei Bewegung.

Die primäre Wirksamkeitsanalyse (SPID8 mit Bewegung) zeigte, dass die Patienten, die das aktive Pflaster erhielten, eine signifikant größere Schmerzlinderung (ca. 40 %) erfuhren als die Patienten, die ein Placebo-Pflaster erhielten (Mittelwert [SD], 182,6 [131,2] vs. 130,1 [144,1]; p = 0,005). Die Analyse der Per-Protocol-Population ergab ebenfalls eine signifikant höhere Linderung (p = 0,024) in der Aktiv-Pflaster-Gruppe (176,2 [131,4]; n = 92) gegenüber der Placebo-Pflaster-Gruppe (130,2 [144,0]; n = 96).

Während der Studie wurden keinerlei schwerwiegende unerwünschte Ereignisse gemeldet. Die Anzahl der Patienten, bei denen irgendeine Art von unerwünschtem Ereignis auftrat, war zwischen den Studiengruppen vergleichbar (aktives Pflaster 6,7 % [7 Ereignisse]; Placebo-Pflaster 5,8 % [6 Ereignisse]).

Das Fazit der Autoren: Die einmalige 8-stündige Anwendung eines Pflasters, das Methylsalicylat und L-Menthol enthält, führte bei den erwachsenen Patienten zu einer signifikanten Linderung der Schmerzen im Zusammenhang mit einer leichten bis mittelschweren Muskelzerrung im Vergleich zu Patienten, die ein Placebo-Pflaster erhielten. Wie im Abschnitt über Knieschmerzen gezeigt, kann ein selbst hergestelltes Ölgemisch mit Wintergrünöl, das fast ausschließlich aus Methylsalicylat besteht, eine vergleichbare Linderung verschaffen.

Entzündungshemmung

Die analgetischen und entzündungshemmenden Aktivitäten einer aus Gaultheria yunnanensis (FRANCH.) REHDER isolierten Salicylat-Derivat-Fraktion (SDF) und 3 Wirkmechanismen wurden in einem chinesischen Tierexperiment untersucht [6]. Der Hauptbestandteil der SDF, der etwa 50 % dieser Fraktion ausmachte, war ein Methylsalicylat-Diglycosid namens Gaultherin. SDF zeigte eine signifikante Hemmung des Hinterpfotenödems bei Ratten (200, 400 mg/kg Körpergewicht, p. o.) und der Ohrschwellung bei Mäusen (200, 400, 800 mg/kg Körpergewicht, p. o.), verursacht durch Carrageenin bzw. Crotonöl. Darüber hinaus hemmte SDF (400, 800 mg/kg Körpergewicht, p. o.) nur die 2. Phase (entzündlich) im Formalintest und zeigte keine Wirkung im Hot-Plate-Test bei Mäusen. Die antinozizeptive Aktivität von SDF war vorwiegend peripher und unabhängig vom Opioidsystem. Diese Ergebnisse zeigen, dass SDF aus Gaultheria yunnanensis (FRANCH.) REHDER analgetische und entzündungshemmende Aktivitäten besitzt, die zumindest teilweise durch die im Tierversuch angedeutete Unterdrückung von Entzündungsmediatoren bzw. deren Freisetzung vermittelt sein könnten. Die beobachteten Effekte von SDF sind wahrscheinlich auf das Vorhandensein eines hohen Gehalts an Salicylat-Derivaten (80 %), einschließlich Gaultherin, MSTG-A und MSTG-B, zurückzuführen.

Nackenschmerzen

Für die Interventionsgruppe dieser klinischen Studie wurde eine Salbe mit 3%ig verdünnten ätherischen Ölen eingesetzt: Majoran, schwarzer Pfeffer, Lavendel und Pfefferminze [7]. Für die Kontrollgruppe wurde eine unparfümierte Salbe angewendet. Für 4 Wochen trugen alle Patienten täglich nach dem Duschen oder Baden 2 g Salbe direkt auf die betroffene Stelle auf. Die Ergebnisse verbesserten sich auf der visuellen Analogskala für beide Gruppen signifikant (p < 0,05). Darüber hinaus hatte die experimentelle Gruppe eine verbesserte Schmerztoleranz im linken oberen Trapezius (Mittelwert ± Standardabweichung 2,96 ± 2,54) und im rechten oberen Trapezius (2,88 ± 2,90).

Es zeigte sich zudem eine signifikante Verbesserung in der Nacken-Schulter-Beweglichkeit der Patienten in der experimentellen Gruppe, was darauf schließen lässt, dass die Experimentalgruppe bessere Ergebnisse erzielte als die Kontrollgruppe. Die in dieser Studie entwickelte Zubereitung mit ätherischem Öl kann zur Reduktion von Nackenschmerzen eingesetzt werden.

Sicht- und Tastbarkeit von Venen

Pfefferöl macht sogar schlecht auffindbare Venen besser sichtbar, wie in einem Experiment an 120 Patient*innen belegt werden konnte [8]. Damit kann wiederholtes schmerzhaftes Nachstechen beim Legen von Zugängen oder bei der Blutabnahme vermieden werden. In dieser Arbeit wurde untersucht, ob die Wirkung von topisch aufgetragenem Pfefferöl (Piper nigrum) das Einführen eines intravenösen Katheters bei Patienten ohne tastbare oder sichtbare Venen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe (Standardpflegepraxis) erleichtert.

Bei einem höheren Prozentsatz der Patienten verbesserte sich nach der Intervention mit schwarzem Pfeffer die Sichtbarkeit und/oder Tastbarkeit ihrer Venen. In der Pfeffer-Gruppe war auch die Zahl der Patienten, deren Venen nach dem Eingriff immer noch nicht sichtbar oder tastbar waren, um fast die Hälfte geringer als in der Kontrollgruppe (p < 0,05). Auch die Anzahl der Anläufe, einen Zugang zu legen, war nach der Behandlung mit Pfefferöl nur noch halb so hoch wie in der Kontrollgruppe.

Die amerikanischen Autorinnen ziehen den Schluss: Die topische Anwendung von schwarzem Pfeffer ist eine praktikable und wirksame Methode zur Verbesserung der Sichtbarkeit und Tastbarkeit von Venen vor der intravenösen Einführung bei Patienten mit eingeschränkter Venenzugänglichkeit. Sie verbessert auch die Leichtigkeit der IVC-Einführung. Wir zeigen dies inzwischen in unseren Grundkursen an den Venen unserer Teilnehmerinnen. Sie sind jedes Mal verblüfft, wie hilfreich Pfefferöl beim Sichtbarmachen und Ertasten ihrer Venen sein kann.

Schmerzen am Venenportkatheter

Um vorsorglich Schmerzen zu reduzieren oder gar zu vermeiden, inhalierten 123 türkische Krebspatient*innen, die sich einer Chemotherapie unterziehen mussten, jeweils 3 Minuten lang ätherische Öle vor dem Legen des Venenzugangs: 41 Personen inhalierten Lavendelöl, 41 Personen Eukalyptusöl und 41 Personen inhalierten als Kontrollgruppe nichts [9]. Die durchschnittlichen Schmerzwerte (VAS-Skala) in der Lavendel-Gruppe waren signifikant niedriger als in beiden anderen Gruppen (p < 0,05). Die Angstwerte unterschieden sich nicht signifikant.

Diese Art der Anwendung ist preiswert und einfach durchzuführen (selbst befüllbare Inhalierstifte sind inzwischen gut erhältlich), sodass bei den betroffenen Patient*innen weniger Leid durch schmerzhafte Behandlungsmethoden erzielt werden kann.

Wehen

Schmerzen während der Geburt eines Kindes kennt wohl jede Frau. In etlichen Ländern ist eine Unterstützung mithilfe von ätherischen Ölen inzwischen weit verbreitet. Auf diese Weise können erfahrungsgemäß Ängste und wahrgenommene Schmerzen effektiv reduziert werden.

In einer randomisierten und kontrollierten Studie aus Italien wurde bei 88 Frauen die Wirkung von Neroliöl – während der ganzen Wehen in einem Vernebler als Raumbeduftung angewendet – bezüglich Angst und Schmerzintensität untersucht [10]. Die Frauen waren nach dem Zufallsprinzip entweder einer Interventionsgruppe (n = 44) oder einer Kontrollgruppe (n = 44) zugeordnet worden. Angst und wahrgenommener Schmerz wurden anhand der visuellen Analogskala jeweils während der latenten, frühen und späten aktiven Phase der Wehen bewertet.

Die empfundenen Schmerzen und Ängste waren in der Gruppe, die Aromatherapie erhielt, in allen Phasen der Wehen deutlich geringer als in der Kontrollgruppe (p < 0,05). Mit dem Fortschreiten der Wehen nahmen die Schmerzen und Ängste bei allen Teilnehmerinnen zu, jedoch fiel der Anstieg in der Versuchsgruppe geringer aus als in der Kontrollgruppe. Die Mehrgebärenden wiesen in allen Phasen der Wehen höhere durchschnittliche Angstwerte auf als die Erstgebärenden, die Werte der wahrgenommenen Schmerzen erhöhten sich aber nicht (p < 0,05). Die Raumbeduftung mit Neroliöl während der Wehen bestätigte sich als gute Maßnahme zur Linderung von Angst und empfundenen Schmerzen bei Frauen in allen Phasen der Wehen.

Sectio und andere Bauchschnitte

In einer randomisierten, doppelblinden klinischen Studie nahmen 128 erstgebärende Frauen (die sich freiwillig für einen Kaiserschnitt entschieden) teil [11]. In der Duftgruppe inhalierten die Probandinnen je 1 Tropfen 5%iges Kamillenöl 15–20 Minuten lang (4, 8 und 12 Stunden nach dem Eingriff). In der Kontrollgruppe wurde in denselben Intervallen je 1 Placebo-Tropfen inhaliert.

Die Schmerzintensität wurde eine halbe Stunde vor und nach der Inhalation anhand der visuellen Analogskala (VAS) gemessen. Die Inhalation von Kamillenöl verringerte nach dem Kaiserschnitt bei Erstgebärenden die Schmerzen und auch den Bedarf an Analgetika. Daher wird die Aromatherapie mit Kamillenöl von den Autoren als einfache und nebenwirkungsfreie Methode zur Schmerzlinderung bei Müttern nach einem Kaiserschnitt empfohlen.

Primäre Dysmenorrhö

An dieser randomisierten, doppelblinden klinischen Studie nahmen 48 ambulante Patientinnen mit primärer Dysmenorrhö teil [12]. Auf einer numerischen 10-Punkte-Rating-Skala lagen sie über 5. Die Patientinnen wurden nach dem Zufallsprinzip einer Gruppe mit ätherischen Ölen (n = 24) und einer Gruppe mit synthetischen Duftstoffen (n = 24) zugeteilt. Ein Mix aus ätherischen Ölen wurde in einem Verhältnis von 2:1:1 einer unparfümierten Creme in einer Konzentration von 3 % für die ätherische Ölgruppe untergemischt (Lavendel Lavandula angustifolia, Muskatellersalbei Salvia sclarea, Majoran Origanum majorana). Alle ambulanten Patientinnen verwendeten die Creme täglich zur Massage des Unterbauchs vom Ende der letzten Menstruation bis zum Beginn der nächsten Menstruation.

Sowohl auf der numerischen als auch auf der verbalen Rating-Skala zeigte sich eine signifikante Reduktion der Menstruationskrämpfe (p < 0,001) nach einer Menstruationszyklusintervention in beiden Gruppen. Die Dauer der Schmerzen wurde in der Gruppe mit ätherischem Öl nach der Aromatherapie-Intervention signifikant von 2,4 auf 1,8 Tage reduziert.

Migräne

In einem iranischen placebokontrollierten Experiment an 47 Patient*innen wurde entweder jeweils 15 Minuten Lavendelöl inhaliert oder Paraffin (Kontrolle) [13]. Von insgesamt 129 Migräneattacken wurde bei 92 Attacken positiv auf das ätherische Öl mit Schmerzlinderung reagiert, bei der Kontrollgruppe konnten 68 Attacken gelindert werden mit dem Einatmen von Paraffin.

In einer randomisierten und 3-fach verblindeten Studie an 144 Migränepatient*innen (4 Gruppen à 36) und Placebo-Gruppe wurde die topische Anwendung von ätherischem Basilikumöl auf Stirn und Schläfen untersucht [14]. Die Anwendung wurde alle 8 Stunden für 3 Monate durchgeführt. Erlaubt waren 325 mg Acetaminophen (Paracetamol) alle 12 Stunden. Die Frequenz der Migräneattacken konnte reduziert werden; wenn diese denn auftraten, war die durchschnittliche Stärke des Schmerzes reduziert. Somit erscheint es sinnvoll, dass Migränepatient*innen Lavendelöl – oder auch ein anderes ähnlich zusammengesetztes ätherisches Öl wie Bergamottminze oder Muskatellersalbei – regelmäßig inhalieren, um damit womöglich die Menge an Medikamenten zu reduzieren. Auch das stark entkrampfend wirkende Basilikumöl könnte einem praktisch anzuwendenden Inhalierstift hinzugefügt werden.

Schmerzen nach Verbrennungen

Schmerzen nach Verbrennungen gehören sicherlich zu den schlimmsten Schmerzen, die ein Mensch aushalten muss. Mit einer Übersichtsarbeit [15] kann man sich einen aktuellen Überblick über die Wirkung von Aromatherapie in diesem sensiblen Bereich verschaffen – insbesondere was Schmerzen und physiologische Belastung anbelangt. Dazu wurde in 15 Datenbanken recherchiert (darunter 5 englischsprachige sowie je 4 koreanische und iranische). Acht randomisierte und kontrollierte Arbeiten erfüllten die Einschlusskriterien und konnten belegen, dass die inhalative Aromatherapie in Kombination mit der Routineversorgung im Vergleich zu Placebo plus Routineversorgung (p < 0,00001) und Routineversorgung allein (p = 0,02) eine positive Wirkung auf die Schmerzlinderung nach dem Verbandswechsel zeigte.

Inhalationsaromatherapie plus Routineversorgung (p < 0,00001) und Aromatherapiemassage plus Routineversorgung (p < 0,0001) zeigten zudem im Vergleich zur alleinigen Routineversorgung ebenfalls eine überlegene Wirkung bei der Linderung von Ängsten. In keiner der eingeschlossenen Studien wurde über mögliche unerwünschte Nebenwirkungen berichtet.

Historisch relevante Erkenntnis

Eine der (historischen) Grundlagenstudien zum Wirkungsmechanismus von ätherischen Ölen (sie wurde 1990 in der Zeitschrift für Phytotherapie veröffentlicht) befasst sich mit den Mechanismen und Auswirkungen, die ätherische Öle in unserem Körper bewirken. Prof Dr. Eberhard Teuscher und sein Team von der Universität Greifswald untersuchten seinerzeit die Pharmakodynamik der Öle, also wie ein pflanzlicher Duftstoff genau die Effekte auslöst, für die er teilweise bereits traditionell bekannt war, z. B.: Wie genau wirkt ein Öl schmerzlindernd und entzündungshemmend?

Damals fing man – nicht zuletzt wegen dieser Veröffentlichung – an, die Dosis-Wirkungs-Beziehung von ätherischen Ölen anzuerkennen. Für Pflegende ist das ein wichtiger Aspekt, und sie können zweifelnde Ärzte und Apotheker auf diese Studie und auch auf den Fachbuchklassiker von Prof. Dr. Teuscher „Biogene Arzneimittel“ hinweisen, sodass der Weg zum aromapflegerischen Umgang vielleicht etwas erleichtert wird.

Laut Teuscher [16] lagern sich Bestandteile aus ätherischen Ölen gleich nach dem Kontakt mit Haut und Schleimhäuten des menschlichen Körpers an die lipophilen (fettliebenden) Komponenten der Zellmembranen an und können dort (je nach Konzentration der Pflanzenduftstoffe) Ionenkanäle, Carrier, Enzyme und/oder Rezeptoren beeinflussen – genau wie andere Arzneimittel auch.

Was bewirken ätherische Öle?

In niedrigen Konzentrationen (systemische Anwendung):
Einlagerung in bestimmte Areale der Zellmembran
Beeinflussung der dort lokalisierten Enzyme, Carrier oder Rezeptoren

In mittleren Konzentrationen:
membranstabilisierende Effekte, ähnlich Lokalanästhetika

In hohen Konzentrationen:
durch Reizwirkung unspezifische Effekte (counterirritant effect, Entleerung von Substanz-P- und Substanz-Y-Speichern), wodurch die Schmerzwahrnehmung (Nozizeption) deutlich herabgesetzt wird

Monografie Wintergrün

Gaultheria fragrantissima Wall.: Wintergrün, Scheinbeere, Niederkriechende (bzw. Niedere oder Niederliegende) Scheinbeere

Destillierte Pflanzen mit identischem deutschen Ölenamen: Gaultheria procumbens L.

Herkunft des Namens: nach Jean-François Gaulthier (1708–1756), französischer Arzt und Botaniker in Kanada; fragrantissimus, lat. = äußerst wohlriechend; procumbens, lat. = kriechend

Pflanzenteil: Kraut

Herstellungsverfahren: Wasserdampfdestillation

Pflanzenfamilie: Ericaceae, Heidekrautgewächse

Dieses vielleicht therapeutischste aller üblicherweise erhältlichen ätherischen Öle muss nicht sehr hoch dosiert werden, denn es enthält neben dem Hauptinhaltsstoff Methylsalicylat noch Spuren anderer schmerzlindernder Moleküle.

Der medizinisch-frische Geschmack und Geruch von Wintergrün sind in den USA fast omnipräsent.

Wintergrün verleiht den meisten Zahnpastamarken, Mundwässern, Softgetränken (z. B. Root Beer), Kaugummis und vielen anderen Süßigkeiten den typischen Geschmack. Dieser Duft entspricht quasi der europäischen Vorliebe für Menthol. Meistens wird das süßlich-frische Aroma den Produkten in synthetischer Form beigemischt.

So verwundert es nicht, dass es zahlreiche dokumentierte Vergiftungsfälle gibt, in denen eine Überdosierung mit Methylsalicylat eine Rolle spielt: Insbesondere, wenn über 40 % der Körperoberfläche mit diesem starken Wirkstoff bedeckt sind (z. B. durch regelmäßige und großzügige Anwendung einer Schmerzsalbe), besteht Vergiftungsgefahr.

Der Wirkstoff Methylsalicylat liegt übrigens in der frischen Pflanze nicht in dieser reinen Form vor, er entsteht erst durch Antrocknen und leichtes Fermentieren der Blätter und anschließender Wasserdampfdestillation aus Gaultherin.

Inhaltsstoffe:

  • Monoterpene
  • 0,90 % δ-3-Caren
  • 0,50 % Limonen
  • 0,40 % α-Pinen
  • 0,20 % Myrcen

Sesquiterpene

  • 0,30 % δ-Cadinen
  • 0,10 % 3,7-Guaiaden

Phenole

  • in Spuren Eugenol

Aldehyde

  • 2-Methylbutanal
  • 3-Methylbutanal
  • Hexanal
  • trans-2-Decenal
  • Benzaldehyd
  • Zimtaldehyd

Aromatische Ester

  • bis zu 99 % Methylsalicylat (essencenepal.com/product_posts/wintergreen-oil/)

Wichtige Eigenschaften:

  • stark analgetisch
  • stark spasmolytisch
  • stark antiinflammatorisch
  • vasodilatatorisch

Hauptindikationen:

  • Rheumatismus
  • rheumatische Polyarthritis
  • Fibromyalgie
  • Muskelschmerzen
  • Muskelkater
  • Hypertonie

Der Auszug stammt aus der 7. Auflage des Fachbuchs „Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe“ [17].

Eliane Zimmermann
Dozentin für Pflege- und Heilberufe

Interessenkonflikt: Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  1. Lenardão EJ, Lucielli Savegnago RG, Jacob FN. et al. Antinociceptive effect of essential oils and their constituents: An update review. J Braz Chem Soc 2016; 27 (03) 435-474
  2. Liu WR, Qiao WL, Liu ZZ. et al. Gaultheria: Phytochemical and pharmacological characteristics. Molecules 2013; 18 (10) 12071-12108
  3. Le Faou M, Beghe T, Bourguignon E. et al. The effects of the application of Dermasport plus Solution Cryo in physiotherapy. Int J Aromather 2005; 15: 123-128
  4. Nasiri A, Mahmodi MA. Aromatherapy massage with lavender essential oil and the prevention of disability in ADL in patients with osteoarthritis of the knee: A randomized controlled clinical trial. Compl Ther Clin Pract 2018; 30: 116-121
  5. Higashi Y, Kiuchi T, Furuta K. Efficacy and safety profile of a topical methyl salicylate and menthol patch in adult patients with mild to moderate muscle strain: A randomized, double-blind, parallel-group, placebo-controlled, multicenter study. Clin Ther 2010; 32 (01) 34-43
  6. Zhang B, Li JB, Zhang DM. et al. Analgesic and anti-inflammatory activities of a fraction rich in gaultherin isolated from Gaultheria yunnanensis (FRANCH.) REHDER. Biol Pharm Bull 2007; 30 (03) 465-469
  7. Ou MC, Lee YF, Li CC. et al. The effectiveness of essential oils for patients with neck pain: A randomized controlled study. J Altern Compl Med 2014; 20 (10) 771-779
  8. Kristiniak S, Harpel J, Breckenridge DM. et al. Black pepper essential oil to enhance intravenous catheter insertion in patients with poor vein visibility: A controlled study. J Altern Compl Med 2012; 18 (11) 1003-1007
  9. Yayla EM, Ozdemir L. Effect of inhalation aromatherapy on procedural pain and anxiety after needle insertion into an implantable central venous port catheter: A quasi-randomized controlled pilot study. Cancer Nurs 2019; 42 (01) 35-41
  10. Scandurra C, Mezzalira S, Cutillo S. et al. The effectiveness of Neroli essential oil in relieving anxiety and perceived pain in women during labor: A randomized controlled trial. Healthcare (Basel) 2022; 10 (02) 366
  11. Zardosht R, Basiri A, Sahebkar A. et al. Effect of chamomile oil on Caesarean section pain in primiparous women: A randomized clinical trial. Curr Rev Clin Exp Pharmacol 2021; 16 (04) 369-374
  12. Ou MC, Hsu TF, Lai AC. et al. Pain relief assessment by aromatic essential oil massage on outpatients with primary dysmenorrhea: A randomized, double-blind clinical trial. J Obstet Gynaecol Res 2012; 38 (05) 817-822
  13. Sasannejad P, Saeedi M, Shoeibi A. et al. Lavender essential oil in the treatment of migraine headache: A placebo-controlled clinical trial. Eur Neurol 2012; 67 (05) 288-291
  14. Ahmadifard M, Yarahmadi S, Ardalan A. et al. The efficacy of topical basil essential oil on relieving migraine headaches: A randomized triple-blind study. Compl Med Res 2020; 27 (05) 310-318
  15. Lee HW, Ang L, Kim JT. et al. Aromatherapy for symptom relief in patients with burn: A systematic review and meta-analysis. Medicina (Kaunas) 2021; 58 (01) 1
  16. Teuscher E, Melzig M, Villmann E. et al. Untersuchungen zum Wirkungsmechanismus ätherischer Öle. Z Phytother 1990; 1: 87-92
  17. Zimmermann E. Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe. 7. Aufl.. Stuttgart: Haug; 2022