LebererkrankungenErnährung bei Lebererkrankungen

Ist die Leber erkrankt, können gravierende Funktionseinschränkungen die Folge sein. Empfehlungen und spezifische Ernährungsaspekte, die als Bausteine der Gesamttherapie wichtig sind.

Mann hält eine Leber aus Papier vor seine "richtige" Leber.
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Neben mehr Bewegung und Gewichtsreduktion ist bei Lebererkrankungen die Ernährungsumstellung ein zentraler Therapiebaustein.

von Michael Dölle, Andrea Schneider

Grundlegende Empfehlungen für eine lebergesunde Ernährung

Ernährungszustand bei Lebererkrankungen

Herausforderungen der Ernährung bei Lebererkrankungen

Die Leber ist eines unserer zentralen Stoffwechselorgane. Sie befindet sich im rechten Oberbauch und ist im Durchschnitt etwa 1,5 kg schwer. Bei der Leber handelt es sich um ein Organ mit vielen Aufgaben, wie z. B. die Herstellung von Stoffen (Synthese), aber auch den Abbau von (Gift-)Stoffen (Entgiftung). Zusätzlich ist die Leber auch in der Lage, Stoffe, wie z. B. Vitamine, zu speichern. Bei der Verdauung von zugeführter Nahrung spielt die Leber ebenfalls eine wichtige Rolle. Einerseits liefert sie mit der Gallenflüssigkeit einen wichtigen Bestandteil für den Transport und die Verwertung von Teilen des Nahrungsbreis, andererseits passieren viele Nährstoffe nach Aufnahme aus dem Darm in den Blutkreislauf zunächst die Leber und können je nach Stoff hier verwertet werden.

Merke

Lebererkrankungen können zu gravierenden Funktionseinschränkungen führen, die eine angepasste Ernährung erfordern.

Eine Ursache für Lebererkrankungen kann ein übermäßiger Alkoholkonsum sein. In den letzten Jahren deutlich zunehmend ist allerdings eine Veränderung der Leberfunktion durch kontinuierliche metabolische Belastung bei hyperkalorischer Ernährung, die sogenannte nichtalkoholische Fettlebererkrankung.

Grundlegende Empfehlungen für eine lebergesunde Ernährung

Die Ursachen für Schäden der Leber sind mannigfaltig. Einfluss haben unter anderem unsere Ernährungsgewohnheiten. Die falsche Menge und Zusammensetzung, nicht selten mit zu geringer Bewegung vergesellschaftet, aber auch übermäßiger Alkoholkonsum können die Leber signifikant schädigen und zu einer lebenslangen Beeinträchtigung führen. Gerade in diesem Zusammenhang ist eine ausgewogene und gesunde Ernährung entscheidend. Besonders diesbezüglich wird der Konsument jedoch vor eine große Herausforderung gestellt, da mittlerweile viele hoch prozessierte Lebensmittel verkauft und konsumiert werden. Die Zusammensetzung ist hierbei nur bei genauerem Hinsehen ersichtlich. Grundsätzlich folgt eine lebergesunde Ernährung den allgemeinen Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung (z. B. nach den 10 Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V., Bonn).

Ernährungszustand bei Lebererkrankungen

Bei der Leber handelt es sich um ein stark am Stoffwechsel beteiligtes Organ. Sie ist für ca. 25% des Grundumsatzes verantwortlich und hat damit einen hohen Energiebedarf. Ist die Leber erkrankt, kann der Energiebedarf deutlich ansteigen.

Merke

Bei einer akuten Leberentzündung (Hepatitis) kann sich der Grundumsatz auf das 1,2- bis 1,3-Fache erhöhen, bei einer Leberzirrhose auf das 1,5-Fache oder noch höher.

Bei der Diagnose einer Lebererkrankung wird aufgrund des veränderten Grundumsatzes generell empfohlen, den Ernährungszustand des Patienten zu ermitteln [1]. Hierbei ist explizit hervorzuheben, dass das Vorliegen einer fortgeschrittenen Mangelernährung mit gravierender Veränderung der Körperzusammensetzung im Sinne einer Sarkopenie einen negativen Einfluss auf die Morbidität und Mortalität von Patienten mit nichtalkoholischer Steatohepatitis, Leberzirrhose und nach Lebertransplantation hat [2].

Praxistipp

Für das Screening nach Mangelernährung wird ein validiertes Tool empfohlen. Die Leitlinien der ESPEN (European Society for Clinical Nutrition and Metabolism) empfehlen hier die Verwendung des NRS-2002 (Nutritional Risk Screening) oder des MUST (Malnutrition Universal Screening Tool) für hospitalisierte Patienten.

Herausforderungen der Ernährung bei Lebererkrankungen

Eine der größten Herausforderungen bei Lebererkrankungen ist es, deren Einfluss auf den Stoffwechsel zu erkennen und entsprechende (ernährungsmedizinische) Konsequenzen einzuleiten. Im Folgenden möchten wir mit der nichtalkoholischen Steatohepatitis und der Leberzirrhose zwei häufige Beispiele aufzeigen und erklären.

Die Fettlebererkrankung

Bei der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) handelt es sich um eine der derzeit häufigsten Lebererkrankungen weltweit. So ist aktuell ca. ein Viertel der Bevölkerung in vielen Industrienationen betroffen [3] [4]. Für die Verfettung der Leber gibt es mehrere Ursachen. Im Vordergrund steht das metabolische Syndrom mit führender Insulinresistenz. Weitere Ursachen können die alkoholische Fettlebererkrankung sein, bestimmte Medikamente oder andere Erkrankungen, wie z. B. Morbus Wilson oder eine virale Hepatitis.

Merke

Die Fettlebererkrankung beschreibt einen Zustand, bei dem mehr als 5% des Lebergewebes verfettet sind.

Im weiteren Verlauf dieser Erkrankung kann es zu einer (chronischen) Leberentzündung kommen und zu einem irreversiblen, bindegewebigen Umbau (Zirrhose). Hieraus ergibt sich ein erhöhtes Risiko für Leberzellkrebs (hepatozelluläres Karzinom).

Neben einer nicht zu unterschätzenden erblichen Komponente [5] spielt die Ernährung eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer Fettleber. Hierbei ist vor allem die bedarfsüberschreitende Energiezufuhr relevant. Die überschüssige Energie wird dann sowohl im peripheren Fettgewebe als auch in der Leber gelagert und kann zu einer Leberverfettung führen.

Relevant ist jedoch nicht nur die Menge der Energie, sondern in welcher Form diese zugeführt wird. Insbesondere die Zufuhr von einfachen Kohlenhydraten und gesättigten Fettsäuren ist für die Entwicklung einer Leberverfettung verantwortlich. Lange Zeit wurde v. a. die Fruktose als potenzieller Entwickler einer Fettleber betrachtet. Neuere Analysen zeigen jedoch, dass vor allem die Isoglukose (eine Mischung aus Glukose- und Fruktosesirup) mit der Entwicklung einer Fettleber vergesellschaftet ist [6]. Fett als weiterer Nahrungsbestandteil ist bei zu hoher Zufuhr ebenso ein Risikofaktor für die Entwicklung einer Fettlebererkrankung. Hierbei ist jedoch zu unterscheiden zwischen gesättigten Fettsäuren, die das Risiko einer Leberverfettung begünstigen, und ungesättigten Fettsäuren, bei denen ein protektiver ggf. sogar verbessernder Effekt diskutiert wird [7].

Während bei der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung der Alkoholkonsum nicht im Vordergrund steht, ist dies bei der alkoholischen Fettlebererkrankung der Fall. Im Rahmen der Verstoffwechselung des Alkohols in der Leber kommt es bei gesteigertem, längerfristigem Konsum zur Schädigung der Leberzellen. Die Schwellendosis für schädlichen Alkoholkonsum ist bei jedem Menschen unterschiedlich.

Merke

Bei jeder fortgeschrittenen Lebererkrankung und besonders bei einer alkoholischen Fettlebererkrankung sollte eine Null-Toleranz-Grenze für Alkohol gelten.

Die wichtigsten therapeutischen Maßnahmen für die Behandlung einer Fettleber sind:

  • Gewichtsreduktion,
  • Ernährungsumstellung und
  • sportliche Betätigung.

Die Gewichtsreduktion ist der führende Bestandteil bei einem BMI>25 kg/m2. Hierbei ist eine Reduktion von mindestens 5% anzustreben. Zur Verbesserung der Leberentzündung ist eine Gewichtsreduktion von 7–10% zu erzielen. Zusätzlich wird hierdurch eine Verbesserung der übrigen Erkrankungen des metabolischen Syndroms erreicht [8] [9].

Die Ernährungsumstellung beinhaltet vor allem eine Energiereduktion der meist vorliegenden hyperkalorischen Ernährung. Empfohlen wird ein Energiedefizit von 500 kcal. Es ist zu beachten, dass genügend Eiweiß (1,2 g Eiweiß pro kg Körpergewicht) zugeführt werden sollte. Der entsprechende Ernährungsplan sollte auf den individuellen Bedürfnissen des Patienten beruhen. Das Ziel muss die langfristige Ernährungsumstellung sein, um eine erneute Entwicklung einer Fettleber zu verhindern. Weiterhin senkt Kaffeekonsum das Risiko für die Entstehung einer Fettleberfibrose (ungesüßt und mit möglichst wenig Milch) [10].

Praxistipp

Einen besonderen Stellenwert bei der NAFLD nimmt die mediterrane Diät ein. Bei der alkoholischen Fettlebererkrankung sollte hier jedoch auf das tägliche Glas Wein verzichtet werden.

Weiterhin ist die Bewegung ein maßgeblicher Baustein zur Therapie der Fettlebererkrankung. Die direkten Effekte auf die Leber scheinen geringer als bei einer Gewichtsreduktion, jedoch können sie die Erfolge einer Ernährungsumstellung auf die Gewichtsreduktion katalysieren. Durch die Bewegung verbessert sich zusätzlich die Insulinsensitivität und damit das metabolische Syndrom [9].

Merke

Es werden mindestens 150 Minuten körperliche Aktivität pro Woche empfohlen.

Im Hinblick auf die Remissionserfolge eines Diabetes mellitus wurden für bariatrische (bzw. metabolische) Operationen bereits eindrucksvolle Zahlen beschrieben. Auch für die NAFLD zeigen sich wiederholt positive Effekte, sodass hier eine weitere potente Therapieoption bestehen könnte. Vereinzelt wurden Verschlechterungen der Fibrose beschrieben. Es bleibt daher abzuwarten, welches Patientenkollektiv von der bariatrischen Chirurgie besonders profitiert.

Die Leberzirrhose

Eine besondere Rolle nehmen die fortgeschrittenen Leberveränderungen im Sinne einer Leberzirrhose ein. Hierbei findet sich zunehmend Bindegewebe in der Leber mit einem narbigen Umbau. Für die Entwicklung kommen mehrere unterschiedliche Erkrankungen infrage, wie z. B. eine Leberverfettung, eine chronische Leberentzündung durch Viren, übermäßiger Alkoholkonsum, Autoimmunerkrankungen, Medikamente, aber auch angeborene Speicher- und Stoffwechselerkrankungen.

Mit fortschreitender Leberzirrhose kann die ausreichende Nahrungsaufnahme schwieriger werden. Patienten berichten, v. a. im Rahmen einer venösen Stauung des Darmes aufgrund einer portalen Hypertension, von einem unangenehmen Völlegefühl. Dies kann sich zusätzlich durch das Auftreten von Bauchwasser (Aszites) verstärken. Daher ist eine regelmäßige Kontrolle des Ernährungsstatus bei dieser Patientengruppe besonders wichtig.

Merke

Bei Leberzirrhose gibt es einige wenige, aber sehr effektive Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährung.

Um den auszehrenden Hungerstoffwechsel zu vermeiden, sollten 3–5 Mahlzeiten pro Tag konsumiert werden. Auch ein spätabendlicher Snack kurz vor dem Schlafengehen ist sehr wichtig, um die nächtliche Fastenphase so kurz wie möglich zu halten.

Bei drohender oder bestehender Mangelernährung sollte generell auf eine höhere Energieaufnahme geachtet werden (35–40 kcal pro kg Körpergewicht). Dies ist noch wichtiger, wenn rezidivierender Aszites vorliegt. Bezüglich der Zusammensetzung der Ernährung ist vor allem bei Leberzirrhose auf viel Eiweiß (1,5 g pro kg Körpergewicht) Wert zu legen. Sollte noch keine Mangelernährung vorliegen, kann diese Menge reduziert werden und sollte bei ca. 1,2 g pro kg Körpergewicht liegen.

Bei hepatischer Enzephalopathie spielt die Auswahl der Aminosäuren eine große Rolle. Hierbei sollte die Zufuhr v. a. aus pflanzlichen Quellen und aus Milchprodukten sichergestellt werden. Diese enthalten besonders viele verzweigtkettige Aminosäuren (branched chain amino acids, BCAA), die vorwiegend in der Muskulatur verstoffwechselt werden. Es kommt daher zu geringerem Anfall von giftigem Ammoniak und einer Reduktion des Enzephalopathie-Risikos. Eine generelle Beschränkung der Eiweißzufuhr wird nicht mehr empfohlen und sollte nur in besonderen Fällen erfolgen [1].

Sollte bei einer bestehenden Leberzirrhose ausgeprägtes Übergewicht vorliegen, muss ein individueller Ernährungsplan erarbeitet werden, der eine Gewichtsabnahme unter Reduktion des Fettgewebes bei Erhalt der Muskulatur ermöglicht. Allerdings ist hierbei immer zu beachten, dass Patienten mit Leberzirrhose ein großes Risiko für Mangelernährung haben und vor allem unter Gewichtsreduktion eine enge ernährungsmedizinische Betreuung benötigen.

Kernaussagen

  • Die Leber ist eine der Stoffwechselzentralen unseres Körpers. Sie hat maßgebenden Anteil an Auf- und Abbauprozessen in unserem Körper.
  • Ist die Leber erkrankt, hat dies Auswirkungen auf den gesamten Stoffwechsel.
  • Die Fettlebererkrankung (alkoholisch und nichtalkoholisch) ist eine häufige Lebererkrankung. Neben Noxenkarenz sollte auf eine ausgewogene Ernährung – reich an pflanzlichem Protein und arm an einfachen Zuckern – geachtet werden. Bei Übergewicht ist die Gewichtsreduktion anzustreben.
  • Der Endpunkt der chronischen Leberschädigung ist die Leberzirrhose. Hier herrscht häufig Mangelernährung vor. Wichtig sind hier das systematische Screening und enge ernährungsmedizinische Anbindung.

Dr. med. Michael Dölle
Facharzt für Innere Medizin und Diabetologie und Endokrinologie.

Dr. med. Andrea Schneider
Fachärztin für Innere Medizin, Intensivmedizin und Rettungsmedizin sowie Gastroenterologie

Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1 Bischoff SC, Bernal W, Dasarathy S. et al. ESPEN practical guideline: Clinical nutrition in liver disease. Clin Nutr 2020; 39: 3533-3562 DOI: 10.1016/j.clnu.2020.09.001.

2 Wang CW, Feng S, Covinsky KE. et al. A comparison of muscle function, mass, and quality in liver transplant candidates: Results from the functional assessment in liver transplantation study. Transplantation 2016; 100: 1692-1698

3 Browning JD, Szczepaniak LS, Dobbins R. et al. Prevalence of hepatic steatosis in an urban population in the United States: Impact of ethnicity. Hepatology 2004; 40: 1387-1395

4 Amarapurkar DN, Hashimoto E, Lesmana LA. et al. How common is non-alcoholic fatty liver disease in the Asia-Pacific region and are there local differences?. J Gastroenterol Hepatol 2007; 22: 788-793

5 Loomba R, Schork N, Chen CH. et al. Heritability of hepatic fibrosis and steatosis based on a prospective twin study. Gastroenterology 2015; 149: 1784-1793

6 Jensen T, Abdelmalek MF, Sullivan S. et al. Fructose and sugar: A major mediator of non-alcoholic fatty liver disease. J Hepatology 2018; 68: 1063-1075

7 Kajikawa S, Harada T, Kawashima A. et al. Highly purified eicosapentaenoic acid ethyl ester prevents development of steatosis and hepatic fibrosis in rats. Dig Dis Sci 2010; 55: 631-641

8 Vilar-Gomez E, Martinez-Perez Y, Calzadilla-Bertot L. et al. Weight loss through lifestyle modification significantly reduces features of nonalcoholic steatohepatitis. Gastroenterology 2015; 149: 367-378.e5

9 Keating SE, Hackett DA, George J, Johnson NA. Exercise and non-alcoholic fatty liver disease: A systematic review and meta-analysis. J Hepatol 2012; 57: 157-166

10 Molloy JW, Calcagno CJ, Williams CD. et al. Association of coffee and caffeine consumption with fatty liver disease, nonalcoholic steatohepatitis, and degree of hepatic fibrosis. Hepatology 2012; 55: 429-436