FastenFasten bei Diabetes und arterieller Hypertonie

Für Diabetes mellitus Typ 2 und arterielle Hypertonie stellt die mit Bewegung und Entspannungsübungen kombinierte Fastentherapie eine kausale und effektive Therapie der ersten Wahl dar.

Fastensuppe
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Stoffwechselnormalisierung: Patienten mit Typ-2-Diabetes und Hypertonie profitieren vom Heilfasten mit Gemüsebrühen und Tees.

von Eva Lischka

Viele Zivilisationserkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 und arterielle Hypertonie werden durch Fehl- und Überernährung sowie Bewegungsmangel ausgelöst. Hier bietet sich die Fastentherapie als kausale Behandlungsmöglichkeit an. Die über Jahrhunderte erworbenen positiven Erfahrungen in der traditionellen Naturheilkunde konnten mittlerweile durch belastbare Ergebnisse der Grundlagenforschung untermauert werden [1]. So erhielt 2016 Yoshinori Ohsumi den Nobelpreis für Medizin: Er entdeckte das Prinzip der Autophagie als tiefgreifendes Recyclingprogramm der Zelle und beschrieb es detailliert. Die Verminderung von Eiweiß- und Zuckerzufuhr aktiviert in den Zellen darüber hinaus Reparaturgene. Die vermehrte Lipolyse – vor allem des viszeralen Bauchfettes, dem größten hormonproduzierenden Organ des Körpers – normalisiert pathologische Werte der Adipokine, der dort produzierten Botenstoffe.

Françoise Wilhelmi de Toledo zeigte in einer Beobachtungsstudie an über 1400 stationären Patienten, die nach der Buchinger-Methode fasteten, die Sicherheit dieser Therapie. Positive Auswirkungen zeigten sich besonders bezüglich Kreislauf, Stoffwechsel und Stimmung [2].

Viele Patienten, die eine Fastenklinik mit der Diagnose Diabetes mellitus Typ 2 und arterieller Hypertonie aufsuchen, sind auf allopathische Medikamente eingestellt, die mit Augenmaß der Fastentherapie angepasst werden müssen. Blutzuckersenkende Medikation wie Metformin oder Sulfonylharnstoffe werden abgesetzt. Insulin wird, wenn notwendig, blutzuckeradaptiert ausgeschlichen.

Merke

Auch hohe Insulinmengen können während der Fastenperiode unter ärztlicher Kontrolle oft erstaunlich schnell reduziert werden.

Die Absenkung der Blutzuckerspiegel erfolgt jedoch individuell unterschiedlich und kann auch bis zu einer Woche dauern. Auch das Bewegungsverhalten spielt hierbei eine große Rolle. Oft ist während der Kostaufbauphase noch keine Medikation nötig, abhängig auch davon, wie lange der Diabetes schon besteht. Metformin kann erst ab einer Menge von 1000 kcal wieder angesetzt werden.

Bei der blutdrucksenkenden Medikation werden Diuretika immer abgesetzt, um Mineralhaushaltstörungen wie Hyponatriämie und Hypokaliämie zu vermeiden. Dies erfordert besondere Aufmerksamkeit bei der Anamnese, da viele Präparate Kombinationen mit Entwässerungswirkstoffen enthalten, speziell mit dem Namenszusatz „comp“ oder „forte“. Die übrige Medikation wird dem Blutdruckverlauf angepasst und verläuft auch hier individuell sehr unterschiedlich.

Besteht eine Therapie mit Betablockern wegen Herzrhythmusstörungen in der Anamnese, sollte ein Absetzen möglichst vermieden werden. Abendliche Einnahme verhindert oft zu starke Blutdruckabsenkung tagsüber. Bei Sartanen und ACE-Hemmern ist auf das Auftreten einer Hyponatriämie mit Schwäche, Schwindel oder Übelkeit zu achten.

Cave

Medikamentös vorbehandelte Patienten benötigen immer eine Laborkontrolle vor Beginn der Fastentherapie.

Kasuistik

Ein 50-jähriger Manager kommt 2018 zum ersten Mal zur stationären Fastentherapie. Anlässlich des Abschlusses einer Lebensversicherung wurde bei ihm im Alter von 36 Jahren ein Diabetes mellitus Typ 2 ohne jegliche Symptome diagnostiziert. Es wurde ein HbA1c-Wert von 11 % gemessen. Der Patient erhielt zunächst Metformin in steigender Dosis, dann folgte eine Therapie mit Sulfonylharnstoffen ohne gewünschten Erfolg. 2 Jahre lang hielt er eine ketogene Diät ein. Damit erzielte er eine Reduktion des HbA1c-Wertes auf 5,6 %. Danach lockerte er das Ernährungsregime wieder. Bei Krankenhausaufenthalten wegen Pneumonie wurde wieder Medikation angesetzt. Seit 2015 besteht auch eine arterielle Hypertonie mit Werten um 140/100 mmHg. 2016 stoppte er sämtliche Medikation, auch Statine, die wegen Störungen des Cholesterinstoffwechsels gegeben wurden.

Die 22-tägige Fastenzeit nach der Methode Buchinger erfolgte ohne Komplikationen. Die anfänglich erhöhten Blutdruckwerte von 170/100 mmHg reduzierten sich auf 120/80 mmHg ohne Medikation. Der Nüchternblutzucker normalisierte sich nach der ersten Fastenwoche. Der HbA1c-Wert sank von 7,5 auf 7 % (Tab. 1). Auch im Kostaufbau benötigte der Patient keine Medikation. Sechs Wochen nach Entlassung teilte er einen Nüchternblutzucker von 91 mg% und normalen Blutdruck ohne Medikamente mit. Der Patient war motiviert, eine kohlenhydratreduzierte 16/8-Diät am Heimatort fortzuführen. Er hat geplant, nach 8 Monaten eine erneute Fastenperiode zur Stabilisierung einzulegen.

Körpergröße 176 cm

Fastentage

Gewicht [kg]

BMI [kg/m2]

Bauchumfang [cm]

Blutzucker [mg%]

HbA1c [%]

8/2018

 

74,9

24,2

80

142

7,5

 

22

64,6

20,9

71

98

7,0

Fazit

Für Diabetes mellitus Typ 2 und arterielle Hypertonie stellt die mit Bewegung und Entspannungsübungen kombinierte Fastentherapie eine kausale und effektive Therapie der ersten Wahl dar. Bemerkenswerterweise steigt bei dieser Methode die Bereitschaft zur Lebensstiländerung, was Andreas Michalsen schon frühzeitig nachweisen konnte [3]. Übergewichtige Patienten profitieren besonders von Fastenperioden in regelmäßigen Abständen, eventuell in Kombination mit intermittierendem Fasten in der Zwischenzeit.

Dr. Eva Lischka
Studium der Biologie/Chemie für höheres Lehramt und Studium der Medizin. Internistische Ausbildung mit folgenden Zusatzqualifikationen: Naturheilverfahren, Badeärztin, Chirotherapie, psychosomatische Grundversorgung, Psychopädie, Orthomolekulartherapeutin, Fastenärztin. Frau Dr. Lischka ist erste Vorsitzende der Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung sowie Dozentin an der UGB-Akademie und Buchautorin.

Interessenkonflikt: Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1 Longo VD, Mattson MP. Fasting: molecular mechanisms and clinical applications. Cell Metab 2014; 19: 181-192

2 Wilhelmi de Toledo F, Grundler F, Bergouignan A. et al. Safety, health improvement and well-being during a 4 to 21-day fasting period in an observational study including 1422 subjects. PLoS ONE 2019; 14: e0209353

3 Michalsen A, Hoffmann B, Moebus S. et al. Incorporation of fasting therapy in an integrative medicine ward: evaluation of outcome, safety, and effects on lifestyle adherence in a large prospective cohort study. J Altern Complement Med 2005; 1: 601-607