PhlebologiePhytotherapie bei chronischen Venenleiden

Bei Venenleiden und Ödemen kommen auch Mittel der Phytotherapie zum Einsatz. Wie ist die Evidenz zur Wirksamkeit?

Mann zieht sich die Kompressionsstrümpfe an.
K. Oborny/Thieme

Phlebotonika werden bei Venenerkrankungen angewendet.

von Julia Vlachojannis, Sigrun Chrubasik-Hausmann

Ursachen von Beinödemen

Beinödeme haben verschiedene mögliche Ursachen. Sind beide Knöchel und Unterschenkel geschwollen, kann die Ursache eine Herzinsuffizienz sein. Bei einer Schwäche des Herzens staut sich das Blut vor dem Herzen. Der Druck in den Venen steigt, das Blutplasma wird in beiden Unterschenkeln ins umliegende Bindegewebe gepresst. In diesem Fall muss die Herzkraft gestärkt werden, z. B. mit einem Extrakt aus Weißdornblättern und -blüten [[3]].

Ursache von Ödemen an einem oder beiden Beinen kann auch eine chronisch venöse Erkrankung sein. Risikofaktoren sind eine positive Familienanamnese, höheres Alter, Übergewicht, stehende oder sitzende Tätigkeit sowie eine Schwangerschaft. Ein chronisches Venenleiden tritt auch als Folge eines Traumas, einer dopplersono- grafisch nachgewiesenen Venenklappeninsuffizienz sowie einer Thrombose der oberflächlichen oder tiefen Venen auf.

Zusammenfassung

Beinödeme können kardiale oder venöse Ursachen haben. Bei chronischen Venenleiden kommen Phlebotonika zum Einsatz. Hier muss zwischen Pflanzenextrakten und extrahierten bzw. synthetischen Pflanzenstoffen differenziert werden, die nicht zu den Phytotherapeutika zählen. In der gerade veröffentlichten überarbeiteten Leitlinie der Gesellschaft für Gefäßchirurgie wurden alle Phlebotonika gemeinsam als empfehlenswerte Behandlung mit gesicherter Wirksamkeit eingestuft. Zu den pflanzlichen Optionen zählen in Europa vor allem Extrakte aus dem Stechenden Mäusedorn (Ruscus aceolatus), der Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) und dem Roten Weinlaub (Vitis vinifera). Die Wirksamkeitsevidenz für Ruscusextrakt ist schlecht und für Rosskastanien-und Rotes-Weinlaub-Extrakt nur mäßig. Trotzdem würdigte die S2k-Leitlinie aus dem Jahr 2019 den Einsatz der Extrakte aus der Rosskastanie und dem Roten Weinlaub mit dem Hinweis, dass die volle Wirksamkeit erst nach bis zu 4 Wochen eintritt. Deshalb ist es jetzt dringend erforderlich, den ausstehenden Wirksamkeitsnachweis mittels konfirmatorischer Studien für jeden Pflanzenextrakt separat zu erbringen, um die Leitlinien an die Wirksamkeitsevidenz anzupassen.

 Ein chronisches Venenleiden geht oft mit erheblichen Beschwerden einher, wie zum Beispiel Beinschmerzen und -krämpfen, Juckreiz, Varizen, trophischen Hautveränderungen (Hautpigmentierungen, Geschwüren) und schweren, müden Beinen. Die Lebensqualität der Betroffenen ist herabgesetzt. Heute sollte zur Klassifizierung der chronischen Veneninsuffizienz die überarbeitete CEAP-Version verwendet werden (Tab. 1). Zur Behandlung kommen neben Kompressionsstrümpfen die chirurgische Entfernung der Varizen oder deren Verödung und auch Phlebotonika zum Einsatz [[2]].

Wirksamkeit der Phlebotonika bei chronischer Veneninsuffizienz

Gemeinsame Auswertung von venoaktiven Substanzen und Pflanzenextrakten

In ein Cochrane Review aus dem Jahr 2020 wurden randomisierte doppelblinde placebokontrollierte Studien eingeschlossen, um die Wirksamkeit oral verabreichter Phlebotonika bei Patienten mit chronischer venöser Insuffizienz jeglichen Stadiums zu evaluieren [[7]]. Unter Phlebotonika wurden vasoprotektiv wirkende Extrakte oder Substanzen zusammengefasst, die die Makrozirkulation z. B. durch Erhöhung des Venentonus verbessern oder die Mikrozirkulation durch Abnahme der kapillären Hyperpermeabilität. Von den 69 identifizierten Studien erlaubten 56 Studien mit 7690 Studienteilnehmern im Alter von 50 Jahren (Mittelwert) die Wirksamkeit zu quantifizieren.

Untersucht wurde die Wirksamkeit von Rutosid (N=28), Hidros- min bzw. Diosmin (N = 11), Calciumdobesilat (N = 10), einer Zubereitung aus Centella asiatica (N=2), Pinienrindenextrakt (N=2), Grapefruit-Samenextrakt (N = 1) etc. Keine der Studien mit topischen Phlebotonika (z. B. Chromocarb, Dinatriumflavodat) erfüllte die Einschlusskriterien des Reviews.

Bei einer gemeinsamen Auswertung der Daten (Intention-to-treat) zeigte sich eine mäßige Wirksamkeitsevidenz, dass Phlebotonika im Vergleich zu Placebo Beinödeme reduzieren. Der Knöchelumfang nahm um etwa 4 mm ab. Die Lebensqualität und das Abheilen von Beingeschwüren wurden durch die Phlebotonika kaum beeinflusst.

In 37 Studien wurde über das Auftreten unerwünschter Ereignisse (UEs) berichtet, vor allem über gastrointestinale Beschwerden [[7]]. Die Dauer der Studien betrug 1-3 Monate. Da bei chronischer Veneninsuffizienz aber eine Langzeitbehandlung erforderlich ist, sind Langzeituntersuchungen mit einem konfirmatorischen Studiendesign dringend erforderlich, um die Wirkgröße der einzelnen Maßnahmen und das Ausmaß an UEs separat für jedes einzelne Phlebotonikum zu evaluieren.

Cochrane Reviews gelten als „Goldstandard“ bei der Beurteilung der Wirksamkeit von Behandlungen. Jedoch weisen sie bei der Beurteilung von Phytotherapeutika zum Teil erhebliche Mängel auf [[2]], wie auch in diesem Fall. Die gepoolten Pflanzenextrakte waren nicht bioäquivalent. Es wurde nicht berücksichtigt, dass extrahierte oder synthetisch hergestellte Pflanzeninhaltsstoffe gemäß Definition der WHO nicht der Phytotherapie zuzuordnen sind. Auch überschätzen gepoolte Daten aus exploratorischen Studien die Wirkgröße. Sie eignen sich aber zur Fallzahlberechnung für dann anzufertigende konfirmatorische Studien, um die Wirkgröße für jeden Pflanzenextrakt zu ermitteln.

Extrakt aus dem Mäusedorn (Ruscus aceolatus) und Zusätzen

Extrakt aus dem Stechenden Mäusedorn löste in der Backentasche von Hamstern, einem geeigneten Modell zur Untersuchung von Phlebotonika, dosisabhängig eine Vasokonstriktion der Venole aus, ohne den Tonus der Arteriole zu beeinflussen. In der Arteriole wur- de dosisabhängig die durch Histamin stimulierte makromolekulare Permeabilität gehemmt und mittels fluoresceinmarkierter Dextranlösung die Abnahme der Ödembildung objektiviert. Außerdem hemmte der Extrakt die induzierte Leukozytenadhäsion [[6]].

Klasse

Beschreibung der Veränderung

C0

keine sichtbaren oder palpablen Zeichen einer Venenerkrankung

C1

Teleangiektasien oder retikuläre Venen

C2

Varizen

C2r

wiederkehrende Varizen

C3

Ödeme

C4

Veränderungen der Haut und des subkutanen Gewebes als Folge des Venenleidens

C4a

Pigmentierung oder Ekzeme

C4b

Lipodermatosklerose oder weiße Atrophie

C4c

Corona phlebectatica

C5

abgeheiltes Geschwür

C6

aktives venös bedingtes Geschwür

C6r

wiederkehrende venös bedingte Geschwüre

S

symptomatisch mit Schmerzen, Spannung, Hautirritationen, Schwere, Muskelkrämpfen u. a. Beschwerden der venösen Dysfunktion

A

keine Beschwerden

In 10 Studien wurde die Wirksamkeit verschiedener Präparate mit Ruscusextrakt bei 719 Patienten mit chronischen Venenleiden untersucht. Nur in einer Studie wurde reiner Ruscusextrakt verabreicht, etwa 70mg/Tag, in einer weiteren Studie eine Kombination aus 180 mg Ruscusextrakt, 1650 mg Ribes-nigrum-Extrakt und 600 mg Vitamin C. Überwiegend wurde aber ein Kombinationspräparat aus 150 mg Ruscusextrakt mit 22% Sterol-Heterosiden, 150 mg Hesperidinmethylchalcon und 100 mg Vitamin C pro Tablette untersucht. Obwohl als Tagesdosis 8-12 Tabletten empfohlen werden, erhielten die Patienten in den Studien überwiegend 6 Tabletten pro Tag [[11]].

Die qualitative Analyse ließ im Zeitraum von 2-12 Wochen eine Besserung der Beschwerden wie Beinschmerzen, schwere Beine, Fatigue, das Gefühl geschwollener Beine, Beinkrämpfe, Juckreiz und Parästhesien durch die Studienmedikation im Vergleich zu Placebo erkennen. Die quantitative Analyse ergab, dass 5 Patienten mit den Ruscus-Studienmedikationen behandelt werden mussten, damit ein Patient von einer klinisch relevanten Linderung der Beinschmerzen profitierte; 2,4 Patienten, damit sich bei einem Patienten die Beinschwere besserte; 4 Patienten, damit bei einem Patienten das Gefühl der Beinschwellung abnahm, und 4 Patienten, damit ein Patient von einer globalen Besserung der Beschwerden profitierte.

Der Knöchelumfang und das Fußvolumen hatten signifikant abgenommen. Die Wirksamkeitsevidenz wurde als sehr gut beurteilt [[5]]. Gemäß der 2014 überarbeiteten Regeln wurde die Evidenz der Wirksamkeit als Grad 1A definiert [[6]], wobei 1 für sehr empfehlenswert steht und A für Wirksamkeitsnachweis in mehreren Studien erbracht und ohne Hinweis darauf, dass weitere Studien zu einem anderen Ergebnis kommen würden. Diese Bewertung ist schwer nachvollziehbar, da die Wirkstoffzusammensetzung, Tagesdosen, Applikationsarten (intravenös, oral) und die Einschlusskriterien in den gepoolten Studien unterschiedlich waren und die Dauer der Studien zu kurz war. Der Wirkstoff des Kombinationspräparats ist durch den Zusatz von Hesperidin-Methyl-Chalcone und Vitamin C nicht mit dem von Ruscusextrakt identisch; die mit diesem Präparat erzielten Ergebnisse können nicht auf Extrakt aus dem Stechenden Mäusedorn übertragen werden.

Extrakt aus der Rosskastanie (Aesculus hippocastanum)

Die Samen der Rosskastanie enthalten Äscin, ein vasoaktiv wirksames Triterpensaponin, dessen Wirkungsmechanismus noch nicht aufgeklärt ist. Eine Hemmung des Proteoglycan-Abbaus via Hyaluronidase und eine Hemmung der Leukozyten-Agglomeration tragen zur vasoaktiven Wirkung von Rosskastanienextrakt bei. Experimentelle Untersuchungen lassen an der venoaktiven Wirkung des Samenextrakts nicht zweifeln.

Die Wirksamkeit von Extrakt mit 100 mg Äscin in der Tagesdosis wurde 2012 in einem Cochrane Review anhand von 17 Studien bei Patienten mit chronischen Venenleiden evaluiert. Neuere Studien liegen nicht vor. Bei der gemeinsamen Auswertung der Daten von 7 Studien besserten sich die Beinschmerzen unter dem Samenextrakt versus Placebo um 42 mm (visuelle Analogskala 0-100 mm), das Beinvolumens nahm um 32 ml ab. In 4 Studien war die Behandlung mit dem Extrakt der Behandlung mit Rutosid nicht unterlegen, ebenso nicht der Behandlung mit Pycnogenol in einer Studie sowie dem Tragen von Stützstrümpfen in einer weiteren Studie. Nur gelegentlich kam es zum Auftreten geringer UEs. Die Autoren schlossen daraus, dass die Anwendung von Rosskastanienextrakt über kurze Zeit bei Venenleiden wirksam und sicher ist. Die Dauer der Studien umfasste 14 Tage bis 16 Wochen. Die Autoren des systematischen Reviews forderten die Durchführung konfirmatorischer Studien über längere Zeiträume, um die Wirkgröße zu definieren, da beim Poolen der Daten aus ex- ploratorischen Studien die Wirkgröße überschätzt wird und in konfirmatorischen Studien überprüft werden muss [[9]].

Im Jahr 2017 wurde die ursprüngliche Definition der Tagesdosis von Rosskastanienextrakt im Europäischen Arzneibuch umdefiniert: von Extrakt mit 100 mg Triterpenglykosiden berechnet als Äs- cin auf Extrakt mit 42 mg Triterpenglykosiden berechnet als Pro- toaescigenin. Die Tagesdosis soll in 2 Einzeldosen mit 21 mg Pro- toaescigenin verabreicht werden. Dies war erforderlich, da inzwischen bekannt war, dass Äscin nicht die Leitsubstanz des Extrakts ist.

Die Änderung der Definition hatte keinen Einfluss auf die Beurteilung der Datenlage der klinischen Studien. Trotz der nur mäßigenWirksamkeitsevidenz verlieh die EMA dem in exploratorischen Studien untersuchten Rosskastanienextrakt mit 42 mg Protoaescigenin in der Tagesdosis den Status „well-established use“ [[12]].

Extrakt aus Rotem Weinlaub (Vitis vinifera)

Die roten Blätter des Weins enthalten u.a. Flavonole (vor allem Quercetin und Kaempferol), Anthocyane, Procyanidine und Phenylcarbonsäuren. In Studien akkumulierte der vasoaktive Wirkstoff in der Intima der Venolen, schloss die Lücken in der endothelialen Barriere und reduzierte so den Flüssigkeitsaustritt in das umgebende Gewebe in vitro. Außerdem wurden die Entzündung und die postthrombotische Mediatorenkaskade gehemmt [[10]]. Zu dem Weinblätter-Trockenextrakt Antistax® (Droge-Extrakt-Verhältnis 4-6 : 1, Auszugsmittel Wasser), 360 mg pro Tablette, 1-2 Tabletten/Tag, liegen mehrere humanpharmakologische Studien vor, die auf eine Verbesserung der Mikrozirkulation und der transkutan gemessenen Sauerstoffsättigung hinweisen. In einer Pilotstudie konnte gezeigt werden, dass 360 mg Antistax® pro Tag über 15 Monate nach einer Varizen-OP das Wiederauftreten intradermaler und subkutaner Varizen hemmte (unter Antistax® 14%, unter Placebo 91%). Die Marker der endothelialen Dysfunktion normalisierten sich in der Antistax®-Gruppe weitgehend, was die antientzündliche Wirkung des Extrakts reflektiert [[10]].

Die klinische Wirksamkeit von Antistax® wurde in einem systematischen Review anhand von 5 Studien, in die Patienten mit chronischer Veneninsuffizienz (Widmer Klasse I und II) einbezogen wurden, evaluiert [[1]], Die einzelnen Studienarme schlossen 36-113 Patienten ein. Sie erhielten über einen Zeitraum von 6-12 Wochen 360mg oder 720mg Antistax® versus Placebo. Eine Studie untersuchte beide Dosen, eine Studie hatte ein Cross-over-Design mit 4-wöchiger Auswaschphase. Studien mit Patienten, die Extrakt aus dem Roten Weinlaub zusätzlich zu anderen venoaktiven Wirkstoffen erhielten, wurden nicht berücksichtigt.

In 3 Studien hatte das mittels Wasserverdrängungsplethysmogra- fie gemessene Unterschenkel- bzw. Beinvolumen abgenommen, in 4 Studien der Umfang der Wade und in 2 Studien der Umfang des Sprunggelenks (objektive Parameter). In 3 Studien nahmen die Schwere, Müdigkeit und das Spannungsgefühl in den Beinen sowie Parästhesien ab, in 4 Studien die Beinschmerzen (subjektive Parameter gemessenen an einer visuellen Analogskala). In einer Studie hatte der transkutan gemessene Sauerstoff zugenommen. Allerdings war das Ausmaß der Besserungen in den einzelnen Studien sehr unterschiedlich, sodass die Wirkgröße in weiteren konfirmatorischen Studien evaluiert werden muss. Die Autoren schlugen vor, dass die Behandlung mit Antistax® vor allem dann eingesetzt werden sollte, wenn Patienten das Tragen von Stützstrümpfen wegen offener Wunden, Empfindungsstörungen, Arthritis oder eines Rückenmarksschadens nicht tolerieren oder wenn sie das Behandlungsergebnis der Stützstrümpfe durch eine Verbesserung der Mikrozirkulation optimieren wollen.

Die meisten Patienten hatten Antistax® gut vertragen [[1]]. Die Behandlung mit Antistax® kann Nausea, Magenschmerzen oder anderen Magen-Darmstörungen zur Folge haben. Gelegentlich kommt es zum Auftreten einer allergischen Reaktion und evtl. zu Kopfschmerzen [[10]].

Trotz der nur mäßigen Wirksamkeitsevidenz verlieh die EMA dem in exploratorischen Studien untersuchten Weinlaubextrakt den Status „well-established use“ [[13]].

Empfehlungen aus aktuellen Leitlinien

Die „European Society for Vascular Surgery“ hat in ihrer gerade veröffentlichten überarbeiteten Leitlinie die Beurteilung von Phleboto- nika aus dem Jahr 2015 beibehalten [[3]]. Die Empfehlung der Gesellschaft lautet, dass Patienten mit symptomatischen chronischen Venenerkrankungen, die keine interventionelle Therapie wünschen oder auf eine solche warten oder unter persistierenden Beschwerden bzw. Ödemen leiden, Phlebotonika gemäß ihres Evidenzgrades der Wirksamkeit nutzen sollten. Die Experten fassten die Phlebotonika Ruscusextrakt, eine gereinigte mikronisierte Flavonoidfraktion, Calciumdobesilat, Rosskastanienextrakt, Hydroxyethylrutosid, Rotes-Weinlaub-Extrakt und Sulodexid als gleichwertige Phleboto- nika zusammen mit einer globalen Wirksamkeitsevidenz vom Grad IIa A: IIa für empfehlenswert und A für Nachweis in mehreren Studien erbracht und ohne Hinweis darauf, dass weitere Studien zu einem anderen Ergebnis kommen würden.

Die Autorinnen dieses Textes können sich der obigen Bewertung nicht anschließen. Die Wirksamkeitsevidenz zu reinem Ruscusex- trakt ist schlecht und zu Rosskastanien- und Weinlaubextrakt mäßig (s.o.). Gute Studien mit einem beweisend angelegten Studiendesign müssen noch belegen, dass die mit den Pflanzenextrakten erzielten Wirkgrößen klinisch relevant sind.

Die S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Varikose“ aus dem Jahr 2019 würdigte das Vorliegen klinischer Studien zu den Extrakten aus Rotem Weinlaub und der Rosskastanie. Mit der vollen Wirkung könne erst nach einer gewissen kontinuierlichen Einnahmezeit von 2-4 Wochen gerechnet werden. Darüber sollte der Patient aufgeklärt werden. Auf die Wirksamkeit der Extrakte im Detail wurde nicht eingegangen [[8]].

Fazit

Die Wirksamkeit venoaktiver Extrakte aus dem Stechenden Mäusedorn, der Rosskastanie und dem Roten Weinlaub zur Behandlung chronischer Venenleiden erscheint plausibel, doch ist die derzeitige Datenlage nur hinweisgebend. Studien mit einem konfirmatorischen Studiendesign müssen noch die Wirkgrößen definieren, damit beurteilt werden kann, mit welchem der Extrakte eine klinischrelevante Besserung der Beschwerden bei chronischen Venenleiden erzielt werden kann.

Dr. med. Julia Vlachojannis wurde an der Universität Gießen mit einer Arbeit über Harpagophytum promoviert und unterstützt seit 2007 den Arbeitsbereich Phytotherapie im Institut für Rechtsmedizin der Universität Freiburg durch Mitarbeit bei Publikationen.

Prof. Dr. med. Sigrun Chrubasik-Hausmann ist Koordinatorin des Arbeitsbereichs Phytotherapie im Institut für Rechtsmedizin der Universität Freiburg. Sie arbeitete als Honorarprofessorin an der Sydney University und als Gastprofessorin an der Hebrew University in Jerusalem, hat über 200 Publikationen veröffentlicht und wurde mit zahlreichen wissenschaftlichen Preisen ausgezeichnet.

Interessenkonflikt: Die Autorinnen erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1 Azhdari M, Zilaee M, Karandish M. et al Red vine leaf extract (AS 195) can improve some signs and symptoms of chronic venous insufficiency, a systematic review. Phytother Res 2020; 34: 2577-2585

2 Davidson E, Vlachojannis J, Cameron M. et al Best available evidence in cochrane reviews on herbal medicine?. Evid Based Complement Alternat Med 2013; 2013: 163412

3 De Maeseneer MG, Kakkos SK, Aherne T. et al European society for vascular surgery (ESVS) 2022, clinical practice guidelines on the management of chronic venous disease of the lower limbs. Eur J Vasc Endovasc Surg 2022; Feb 63 (02) 184-267

4 Holubarsch CJF, Colucci WS, Eha J. Benefit-risk assessment of crataegus extract WS 1442: An evidence-based review. Am J Cardiovasc Drugs 2018; 18: 25-36

5 Kakkos SK, Allaert FA. Efficacy of Ruscus extract, HMC and vitamin C, constituents of Cyclo 3 fort®, on improving individual venous symptoms and edema: A systematic review and meta-analysis of randomized double-blind placebo-controlled trials. Int Angiol 2017; 36: 93-106

6 Kakkos SK, Bouskela E, Jawien A. et al New data on chronic venous disease: A new place for Cyclo 3® Fort. Int Angiol 2018; 37: 85-92

7 Martinez-Zapata MJ, Vernooij RW, Simancas-Racines D. et al Phlebotonics for venous insufficiency. Cochrane Database Syst Rev 2020; 11: CD003229

8 Pannier F, Noppeney T, Alm J. et al S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Varikose (2019). Im Internet: www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/037-018l_S2k_Varikose_Diagnostik-Therapie_2019-07.pdf; Stand: 30.03.2022

9 Pittler MH, Ernst E. Horse chestnut seed extract for chronic venous insufficiency. Cochrane Database Syst Rev 2012; 11: CD003230

10 Stücker M, Rabe E, Meyer K. et al Therapeutic approach to chronic venous insufficiency – clinical benefits of red-vine-leaf-extract AS 195 (Antistax®). Pharmazie 2019; 74: 193-200

11 Jawien A, Bouskela E, Allaert FA, Nicolaïdes AN. The place of Ruscus extract, hesperidin methyl chalcone, and vitamin C in the management of chronic venous disease. Int Angiol 2017; 36: 31-41

12 EMA. Assessment report on Aesculus hippocastanum L., semen (15.01.2020). Im Internet: www.ema.europa.eu/en/documents/herbal-report/assessment-report-aesculus-hippocastanum-l-semen-final-revision-1_en.pdf; Stand: 30.03.2021

13 EMA. Assessment report on Vitis vinifera L., folium (22.11.2016). Im Internet: www.ema.europa.eu/en/documents/herbal-report/final-assessment-report-vitis-vinifera-l-folium-revision-1_en.pdf, Stand: 30.03.2021