SchulterschmerzSchulterbeschwerden in der TCM

Schulterbeschweren zählen im asiatischen Raum als typisches Wechseljahressymptom. Durch Akupunktur, Arzneimittel und Co. lassen sich Schmerzen und Funktionseinschränkungen behandeln.

Weibliches Akupunkturmodell mit Nadeln im Schulterbereich vor Lehrtafel
Björn Wylezich/stock.adobe.com

Bei Schulterbeschwerden stehen in der TCM Akupunktur, manuelle Methoden sowie Arzneimitteltherapie zur Verfügung.

von Josef Hummelsberger

Verortung und Pathologie

Therapie

Fazit

Die Periarthritis humeroscapularis beschreibt entzündliche Veränderungen des Sehnen- und Muskelapparats (chin. Jinsuo, lat. Nervus) im und um das Schultergelenk. Dies verursacht Schmerzen. Dazu leiden die Patienten besonders unter den massiven Bewegungseinschränkungen. Die Erkrankung tritt zumeist um das 50. Lebensjahr herum auf. Darum wird die Krankheit in China oft scherzhaft „50-Jahre-Schulter“ genannt. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Das Klimakterium ist anscheinend in asiatischen Ländern mit Schulterschmerzen assoziiert. Die bei uns typischen Hitzewallungen treten dort deutlich seltener auf. Da die Beweglichkeit der Schulter so eingeschränkt ist, als ob sie eingefroren sei, wird sie auch als „Verfestigte Schulter“ (jianning zheng) und als „Eingefrorene Schulter“ (dongjie jian, frozen shoulder) bezeichnet.

Verortung und Pathologie

Die Schulter selbst ist das beweglichste Gelenk des Körpers. Es wird von allen Leitbahnen des Armes durchzogen: von der Leitbahn Funktionskreis (FK) Dickdarm (yangming dachang jing), der Leitbahn für den FK Drei Wärmebereiche (shaoyang sanjiao jing), der FK-Dünndarm-Leitbahn (taiyang xiaochang jing), der FK-Lungen-Leitbahn (taiyin fei jing), der FK-Perikard-Leitbahn (shou jueyin xinbao jing) und der FK-Herz-Leitbahn (shaoyin xin jing). Durch innere Verläufe und Netzleitbahnen (luomai) ist die Schulter mit der Leitbahn und dem Funktionskreis Leber/Gallenblase verknüpft.

Zusammenfassung

In der Traditionellen Chinesischen Medizin ist die Periarthritis humeroscapularis bekannt als entzündliche Schultergelenkserkrankung, die hauptsächlich bei Frauen um das 50. Lebensjahr herum auftritt. Als Therapieoptionen stehen in der TCM Akupunktur, manuelle Methoden sowie Arzneimitteltherapie zur Verfügung. Bei der Behandlung der chronischen Beschwerden ist jedoch Geduld gefragt.

Da im Alter der FK Leber immer mehr erschöpft ist (depletio xu), Qi und besonders das Xue (Blut) nicht mehr ausreichend zu einer guten Versorgung zur Verfügung stehen, entsteht eine deutliche Gefährdung in dieser Lebensphase. Ein wichtiger Punkt, der in der „klassischen“ Pathologie nicht berücksichtigt wird, ist der Faktor „Stress“: Aufgestaute, nicht gelebte Emotionen, Ärger, Zorn und Wut (ganyu) führen zu ständigen Spannungen und erzeugen Blockaden im FK Leber/Gallenblase und eben auch im Bereich Schulter/Nacken.

Die „Klassische Kategorie“ aus Sicht der Chinesischen Medizin ist das „Bi-Syndrom“ (occlusio, bizheng) durch die äußeren Pathogene „Wind“ (feng), „Kälte“ (han) und „Feuchtigkeit“ (shi), die in den menschlichen Körper und die Netzleitbahnen (jingmai luomai) eindringen, meist aufgrund einer energetischen Erschöpfung (depletio xu) von Qi, Yang oder Xue – wie das eben im Alter zunimmt.

Therapie

Akupunktur

Um Schulterbeschwerden zu behandeln, kommt in der Traditionellen Chinesischen Medizin Akupunktur zum Einsatz. Lokale Akupunkturpunkte werden in der TCM zuerst genannt, zum Beispiel:

  • Di15 („Spalt unter der Schulterhöhe“, jianyu)
  • Di16 („großer Knochen“, jugu)
  • Di14 („Arm und Schulterblatt“, binao)
  • Di11 („gekrümmter Teich“, quchi)
  • 3E14 („Kellerloch der Schulter“, jianjiao)
  • 3E5 („äußeres Passtor“, waiguan)
  • Dü9 („Geradheit der Schulter“, jianzhen) bis Dü14 („äußerer Einflusspunkt der Schulter“, jianwaishu)

Zu den Fernpunkten gehören zum Beispiel:

  • Dü3 („der hintere Wasserlauf“, houxi)
  • Di 4 („vereinte Täler“, hegu)
  • Lu5 („Moorsee am Fußpunkt“, chize)
  • Pe2 („Quelle des Himmels“, tianquan) oder
  • He 3 („kleines Meer“, shaohai)

Wegen des besonderen Bezugs, aber auch des pathogenetischen Zusammenhangs sind Punkte auf der Leber- und Gallenblasen-Leitbahn entscheidend, zum Beispiel:

  • Le3 („große Straße“, taichong)
  • Gb34 („Quelle am Yang-Hügel“, yanglingquan)
  • Ma38 („Öffnung der Erschlaffung“, tiaokou) an der gesunden Seite

Besonders bei „Kälte“ (han) und Chronizität ist Moxibustion, am besten als „Feuernadel“ (aufgesetztes Moxa-Stück auf der Nadel), extrem hilfreich. Durch moderne Aktivkohle-Moxa-Stücke gelingt das auch sicher in der modernen deutschen Praxis.

Manuelle Methoden

An manuellen Methoden hat sich Guasha sehr bewährt, die auch in kurzer Zeit das umliegende Gewebe löst, durchwärmt und hilft, Xue-Blockaden aufzulösen. Ergänzt wird das meist mit äußeren Lotionen und Sprays, am bekanntesten ist Yunnan Baiyao-Spray.

Arzneimittel

Die chinesische Arzneimitteltherapie hält aus ihrem riesigen Repertoire einige Grund-rezepturen, besonders auf Basis des wohlschmeckenden „Zimtästchen-Dekokts“ (Gui Zhi Tang) bei „Kälte-Bi“ bereit. Das Dekokt wird durch Arzneikräuter ergänzt, die besonders auf die Schulter wirken. Ein einfaches Grundrezept, das klassischerweise als Dekokt (Abkochung) bei chronischen Fällen eingesetzt wird, findet sich in [Tab. 1].

Diese Basisrezeptur wird häufig verwendet und ist wirksam als Dekokt wie auch in moderneren Anwendungsformen wie Pulver oder Granulaten.

Fazit

Die TCM-Behandlung von Schmerzen und Adhäsionen bei Periarthritis humeroscapularis ist eine recht effektive Therapiemethode, allerdings ist es sinnvoll und notwendig, die Symptomkonfiguration zu bestimmen und dementsprechend zu behandeln. Neben Erfahrung ist auch hier oft Geduld notwendig; besonders bei chronischen Fällen werden in China meist 10–20 Akupunktursitzungen durchgeführt.

Dr. med. Josef Hummelsberger
Facharzt für Innere Medizin, Akupunktur, Naturheilverfahren sowie Certfied Physician of Chinese Medicine (CPC) der Internationalen Gesellschaft für Chinesische Medizin (SMS) und Universität Witten-Herdecke. Hummelsberger ist ausgebildet in Akupunktur und Chinesischer Medizin.

1 Jianshan H. Die Akupunkturbehandlung von Periarthritis humeroscapularis. Chinesische Medizin 2013; 28 (02) 80-90

2 Hempen C-H. dtv-Atlas zur Akupunktur. München: dtv; 1995

3 Jianshan H. Die Akupunkturmethode „Leiten des Qi“. Chinesische Medizin 2000; 02: 48-58

4 Jianshan H, Jiansi H, Jianye H. Überlegungen und praktische Erfahrungen des Altarztes Han Shaokang Teil 1. Chinesische Medizin 1989; 04: 67-75

5 Xiaoping J. Teaching round: Shoulder pain. Journal of Traditional Chinese Medicine 1988; 08 (04) 310-312

6 Shoukang L. Grundlegende Akupunkturtechniken. VI. „Erreichen des Qi“. Chinesische Medizin 1994; 03: 70-76

7 Sionneau P, Lu G. Diseases of the neck, shoulders, back and limbs. Portland: Blue Poppy Press; 1998