ImmunsystemAromatherapie für die Immunabwehr

Ätherische Öle haben viele positive Effekte, auch auf das Immunsystem. Durch verschiedene Rezepturen lässt sich das körperliche und seelische Wohlbefinden steigern.

Frau trägt Aromaöl auf dem Handgelenk auf.
New Africa/stock.adobe.com - Posed by a model.

Ein mit Aromaöl gefüllter Duftstick ist praktisch für unterwegs.

Teamplayer Immunsystem

Das menschliche Immunsystem ist kein Einzelkämpfer, sondern hochgradig komplex vernetzt, was zu einem wesentlichen Teil auf seinen Verbindungen zum Nervensystem beruht. Deshalb können psychische und emotionale Faktoren das Immunsystem wesentlich beeinflussen.

Stress kann die Immunabwehr herabsetzen. Als Folge davon können Krankheitserreger leichter in den Organismus eindringen [1]. Betroffene kennen das: Gerade in oder unmittelbar nach Stress-Situationen blüht ein latenter Herpes simplex wieder auf oder der ersehnte Urlaub beginnt mit einem grippalen Infekt. Kiecolt-Glaser et al. konnten zeigen, dass eine erhöhte Cortisolausschüttung bei Studenten im Rahmen von Prüfungsstress zu einer signifikanten Verringerung der natürlichen Killerzellen im Blutserum führt [2]. Weitere Untersuchungen zeigen, dass die Wundheilung unter Stress verzögert ist [3].

Die Regulation von psychischen, neurologischen, hormonellen und immunologischen Vorgängen ist eng an die Mechanismen der Stressverarbeitung gekoppelt [4]. Zentrale Schaltstellen sind das sympathische adrenomedulläre System und die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA- oder HHN-Achse), welche die Cortisol-Produktion steuert. Durch einen Stressreiz freigesetzte Botenstoffe aktivieren Zellen des Immunsystems. Akut kommt es zu einer gesteigerten Entzündungsbereitschaft.

Eine Gegenregulation erfolgt über die HPA-Achse. Chronischer Stress führt zu einer Überaktivität der HPA-Achse mit einem dauerhaft erhöhten Blut-Cortisolspiegel. Hierdurch steigt u. a. die Infektanfälligkeit [4]. Eine dauerhafte Überbeanspruchung der HPA-Achse kann jedoch das Regulationssystem überlasten, sodass die Cortisol-Ausschüttung stark sinkt. Stressbedingte Entzündungen können vom Organismus nicht mehr eingedämmt werden. Resultat sind die heute so verbreiteten stillen Entzündungen, welche chronische Erkrankungen, insbesondere die Arteriosklerose, begünstigen und einen negativen Einfluss auf den Stoffwechsel ausüben können. Überschießende Entzündungsreaktionen können Autoimmunerkrankungen wie z. B. Rheuma oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen wieder aufflammen lassen [4].

Zusammenfassung

In der Aromatherapie kommt eine Vielzahl an Düften zum Einsatz. Diese haben nachgewiesene Effekte auf den Körper und das seelische Wohlbefinden: Sie wirken stress- und angstlösend, belebend, können bei Schlafstörungen helfen und haben förderliche Wirkungen auf das Immunsystem. Aromatherapeut*innen setzen ätherische Öle (international: essential oils, abgekürzt EO) ein, zum Beispiel für Handeinreibungen, Saunagänge, Raumbeduftung oder Massage.

Aromatherapie und Immunsystem

Was hat das nun mit Aromaanwendungen zu tun? Erkenntnisse aus der Psychoneuroimmunologie legen nahe: Alles, was zur Stressverarbeitung beiträgt, stärkt die Immunfunktion. Hier sehen wir einen möglichen Ansatz, denn die gezielte Anwendung von Entspannungsstrategien ist nachweislich mit positiven Effekten auf das Immunsystem verbunden. Dass stress- und angstlösende ätherische Öle insbesondere in Verbindung mit Berührung und Zuwendung erfolgreich sind, zeigt die Praxis auf vielfältige und eindrückliche Weise.

Die Haut als größtes Sinnesorgan des menschlichen Körpers empfängt mit ihren zahlreichen Rezeptoren Berührungsreize und leitet sie ans zentrale Nervensystem weiter. Angenehme Berührungen lösen die Ausschüttung von Oxytocin, Serotonin und Dopamin aus – die Liebes-, Glücks- und Belohnungshormone. Dazu kommt der feine Duft, der bei den Anwendungen in die Nase steigt. Wir wissen heute: Der Geruchssinn ist eng mit der Immunologie verknüpft. Angenehme Düfte sorgen für angenehme Gefühle und können über die Verbesserung der Stimmungslage Immunfunktionen positiv beeinflussen [5]. Wohlwollende aufmerksame Zuwendung tut ihr Übriges dazu. Düfte und Emotionen aktivieren dieselben Gehirnstrukturen. Wenn wir uns dessen bewusst sind, können wir mit achtsamen Anwendungen viel erreichen, sei es für Patient*innen oder für uns selbst.

Angenehme Düfte können über die Verbesserung der Stimmungslage Immunfunktionen positiv beeinflussen.

Aus wissenschaftlichen Untersuchungen ist bekannt, dass Waldluft, insbesondere wenn Nadelhölzer ausreichend vertreten sind, die Anzahl und Aktivität der natürlichen Killerzellen des Immunsystems nachhaltig steigert [6]. Qing Li et al. konnten zeigen, dass EO maßgeblich an dieser Wirkung beteiligt sind. Sie teilten 12 Probanden in zwei Gruppen. Beide Gruppen übernachteten 3 Nächte in einem Hotelzimmer, die eine erhielt, ohne es zu wissen, über einen Vernebler Walddüfte, die andere nicht. Im Ergebnis zeigte sich u. a. ein Anstieg der Konzentration natürlicher Killerzellen [7]. Die besonders in ätherischen Ölen aus Nadelbäumen reichlich enthaltenen Monoterpene wie z. B. alpha- und beta-Pinen oder 1,8-Cineol weiten die Bronchien, vertiefen die Atmung und fördern die Reinigung der Atemwege. In Erkältungszeiten haben sich diese Öle bewährt, sowohl präventiv als auch z. B. in der Inhalationstherapie.

Ätherische Öle können auch auf zellulärer Ebene immunologische Funktionen beeinflussen. Tullio et al. konnten in vitro Effekte von verschiedenen EO auf menschliche polymorphkernige Leukozyten (PMNs) aufzeigen. Die Autor*innen erwähnen allerdings in ihrer Schlussfolgerung, dass es äußerst schwierig sei, alle Aspekte aufgrund der Komplexität des Immunsystems zu untersuchen, und schließen daher mit den Worten: „Eine allgemeine Aussage über immunmodulatorische Wirkungen [von EO] ist problematisch, weil das Immunsystem aus zahlreichen Komponenten und Zellen besteht, die miteinander interagieren, um sich gegenseitig hoch- bzw. herunterzuregulieren“ [8]. Es gibt nur sehr wenige Humanstudien zu Auswirkungen von EO auf die Immunfunktionen. Zudem sind nur wenige EO Gegenstand mehrerer Studien, die genügend Daten für eine Bewertung liefern, wie Peterfalvy et al. in ihrem narrativen Review zur immunstimulierenden/immunmodulierenden Wirkung von EO und deren Inhaltsstoffen schreiben [9]. Die darin zusammengefassten Arbeiten ergeben aber Hinweise darauf, dass EO verschiedene Parameter des Immunsystems modulieren können.

Schlafstörungen und reduzierte Abwehrkräfte

Die körperlichen Abwehrkräfte stehen in engem Zusammenhang mit der Dauer und Qualität des Schlafes. Im Schlaf steigt die Zahl der natürlichen Abwehrzellen. Das bekannte Sprichwort „Schlaf dich gesund!“ bringt dies zum Ausdruck. Auch wenn die genauen Mechanismen hierzu noch nicht erforscht sind, zeigt sich dennoch ein eindeutiger Zusammenhang zwischen gutem, erholsamem Schlaf und einem robusten Immunsystem.

Schlaf beeinflusst die Stresshormon-Achse und das vegetative Nervensystem. In der Nacht werden vermehrt Wachstumshormone ausgeschüttet, der Cortisolspiegel sinkt. T-Zellen migrieren in Lymphknoten, ein immunologisches Gedächtnis wird angelegt. Bei Schlafmangel zirkulieren erhöhte Mengen an Adrenalin, Prostaglandinen und Adenosin im Blut, die die Adhäsionsfähigkeit von T-Zellen an infizierte Zellen reduzieren. Damit können die Immunzellen ihre Aufgabe, Krankheitserreger zu beseitigen, weniger gut erfüllen. Dies zeigen Arbeiten einer Gruppe der Universitäten Tübingen und Lübeck [10].

Sedativa und Hypnotika sind bei Schlafstörungen aufgrund ihres Risikos zur Entwicklung von Missbrauch und/oder physischer und psychischer Abhängigkeit sowie aufgrund von möglichen unerwünschten Wirkungen und Wechselwirkungen mit etlichen anderen Pharmaka allenfalls eine kurzfristige Lösung in schweren Fällen. Dagegen können auch Maßnahmen mit Aromaanwendungen zur Förderung eines physiologischen Schlafes beitragen und damit indirekt die Abwehrkräfte stärken.

Aromatherapie und Naturheilverfahren zum Stressabbau

Stress und schlechte Gesundheit hängen statistisch bedeutsam zusammen, wie z. B. die Stressstudie der Techniker-Krankenkasse aus dem Jahr 2021 zeigt: Egal bei welchen Beschwerden geht es den Gestressten gesundheitlich signifikant schlechter als den selten Gestressten. Beispielsweise sind Gestresste öfter erkältet. Die Gefahr zur Entwicklung psychischer Erkrankungen wie Depressionen und Burnout ist ebenso erhöht wie zur Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, um noch einige weitere zu nennen.

Hilfreich zur Stärkung der Stressresilienz und zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte ist es, wieder Ordnung und Rhythmus ins eigene Leben zu bringen. Das erkannte bereits Sebastian Kneipp vor über einem Jahrhundert. Eine wissenschaftlich fundierte Weiterentwicklung seiner traditionellen Heilverfahren ist die Mind-Body-Medizin. Konzepte dieser modernen naturheilkundlichen Ordnungstherapie sind unter anderem Wickel und Auflagen sowie Wasseranwendungen, aber auch verschiedene Entspannungstechniken wie Meditation, Yoga oder Qi Gong und Imaginationsübungen. Die kombinierte Anwendung mit ätherischen Ölen verstärkt deren positive Effekte.

Duft und Konditionierung

Yoga- und Qi-Gong-Praxis verankern sich zusammen mit Duftbegleitung besser im Gedächtnis. Eine Meditation kann an Tiefe gewinnen. Das Gehirn speichert die Erfahrungen und Übungen zusammen mit dem Duft ab. Dies funktioniert nach den Mechanismen der klassischen Konditionierung.

Das Gehirn verknüpft positive wie negative Erfahrungen mit einem in dem Zusammenhang erlebten Duft. Nach Jellinek [11] unterliegt die Geruchsbewertung semantischen, hedonischen, kulturellen und suggestiven Mechanismen und ist somit sehr persönlich und individuell. Daher kann ein und derselbe Geruch bei verschiedenen Personen ganz unterschiedliche Effekte auslösen. „Diese psychologischen Mechanismen können auch zu unerwünschten Wirkungen von Duftstoffanwendungen auf Affekte und Emotionen führen“, erläutert Eva Heuberger in ihrem Beitrag in der ZPT 2021 [12]. Zu beachten ist, dass diese Effekte nicht substanzspezifisch sind.

Die ätherischen Öle oder Aromamischungen müssen also sorgfältig ausgewählt werden. Duftvorlieben und -abneigungen gilt es zu beachten. Ideal zur Begleitung dieser Praktiken sind Raumdüfte, die über Beduftungsgeräte im Raum verteilt werden, oder Naturparfüms zur individuellen Anwendung.

Aromatherapie in der Selbstfürsorge

Bereits den Tag mit einer duftenden Hautpflege zu beginnen, hilft bei einer aktiven Stressbewältigung. Eine Kombination aus Aromabad, Entspannungsmassage, gezielten Muskel- oder Körpereinreibungen bis hin zu bewussten Atemübungen in einem angenehm duftenden Raum sind besonders wirksam in Prävention und Rekonvaleszenz. Ein Naturparfüm, schnell und einfach anzuwenden, steigert die Selbstwirksamkeit. Der gezielte Einsatz von ätherischen Ölen stellt somit eine individuelle und situationsgerechte Option in Therapie und Prophylaxe dar. Ein Übermaß gilt es jedoch zu vermeiden, denn das würde irritierend wirken.

Aromaanwendungen bewirken Reiz-Reaktions-Mechanismen. Daher sollten die Duftnoten von Zeit zu Zeit gewechselt werden, um eine Abstumpfung zu vermeiden.

Das Vielstoffgemisch ätherisches Öl: Eigenschaften und Wirkungen

Ätherische Öle bewirken den bereits beschriebenen komplexen Reiz-Reaktions-Mechanismus, sowohl über die Geruchswahrnehmung als auch über die Haut. Kommen Aromamischungen über die Haut zur Anwendung, müssen sie kompetent dosiert immer in fetten Pflanzenölen bzw. Fetten verdünnt oder Hydrolaten zugemischt werden.

Bei der Verwendung von ätherischen Einzelölen bzw. Aromamischungen besteht immer die Gefahr, dass von Wirkungen ausgegangen wird, die auf Einzelwirkstoffe zurückgeführt werden. Allerdings werden hier meist nur deren Hauptleitsubstanzen berücksichtigt, wie sie in den Monografien der Arznei- bzw. anderen Fachbüchern aufgrund von modernen Analysen aufgelistet sind. Dabei sind in einem Öl oft bis zu mehrere hundert Substanzen nachweisbar.

Untersuchungen zeigen, dass sowohl diese Minorkomponenten als auch die unterschiedlichen Konzentrationen der ätherischen Öle einen bedeutenden Einfluss ausüben [1]. Es greift also zu kurz, die Wirkungen ätherischer Öle im Organismus nur an den Eigenschaften ihrer Hauptleitsubstanzen festzumachen. Viele Eigenschaften sind zudem nur aus Laboruntersuchungen (in vitro) bekannt und berücksichtigen nicht die individuellen Effekte beim Menschen.

Eine Auflistung aller bekannten und gemessenen Hautkomponenten der hier empfohlenen ätherischen Öle lässt sich z. B. in dem Fachbuch „Aromatherapie in Wissenschaft und Praxis“ mit GC-MS-Analyse-Ergebnissen nachlesen [11]. Stellvertretend für die Vielzahl an Ölen wird hier das Öl der Angelikawurzel aufgeführt. An ihr soll demonstriert werden, welche Inhaltsstoffe aus dem genannten Buch gemessen in Flächenprozent derzeit nachgewiesen werden konnten:

Angelikawurzel, deren Hauptkomponenten gemessen in Flächenprozent (übliche Gehaltsangabe in der EO-Analytik: Alle integrierten Peakflächen der GC/MS-Analyse werden zu 100% aufsummiert und die Flächen der einzelnen Peaks in Relation dazu gesetzt) [1].

Monterpene (MT)

  • α-Pinen 14–25
  • β-Pinen 0,6–1,4
  • α-Phellandren 4,4–25
  • β-Phellandren 8,5–24
  • Δ3-Caren ((+)-Car-3-en) 9–17
  • (+)-Limonen 6,0–11 (ungarisch bis 19)
  • β-Myrcen 3,4–10
  • β-Ocimene (Σ cis-/trans-) 2,6–8,1
  • Sabinen 0,3–7,4
  • γ-Terpinen 0,6–1,8
  • p-Cymen 0,5–5,2

Monoterpen-Ester

  • Bornylacetat 0,4–1,5

Macrocyclische Lactone

  • Tridecanolid + Pentadecanolid (Angelicalacton) 0,1–2,1

Ätherische Öle: Effekte beim Menschen

Die komplexen Wirkungen ätherischer Öle sind im Gegensatz zu einigen ihrer isolierten Komponenten in klinischen Studien (in vivo) noch sehr wenig erforscht. Hier sind wir in der Therapie nach wie vor auch auf Erfahrungsberichte und Beobachtungsstudien angewiesen. Denn neben den substanzspezifischen Eigenschaften von ätherischen Ölen spielen individuelle Faktoren eine Rolle, die unabhängig von der Molekülstruktur einen Effekt erzeugen. Sie hängen von der persönlichen Erinnerung und Bewertung von Gerüchen sowie von der Erwartungshaltung ab [11].

Für den Erfolg einer Aromatherapie sind daher mehrere Faktoren maßgebend: die Akzeptanz des Duftes, die Compliance der empfangenden Person, die Dosierung und Kombination der ätherischen Öle in der Trägersubstanz, die Anwendungsweise sowie die Anwendungshäufigkeit.

Typische Inhaltsstoffe meist < 1 Flächen-%

  • MT: Camphen, α-Terpinen, Terpinolen
  • MT-Alkohole: Linalool, Terpinen-4-ol, Verbenol
  • ST: α-Copaen, β-Caryophyllen, α-Humulen, Germacren D

Furocumarine: nichtflüchtige Inhaltsstoffe (ppm)

  • Angelicin bis 238
  • Bergamottin bis 247
  • Bergapten + Isopimpinellin bis 692
  • Epoxybergamottin bis 181
  • Oxypeucedanin bis 13
  • Psoralen bis 339

Vorsicht: Furocumarine sind aufgrund ihrer Phototoxizität in Pflegeprodukten nur sehr begrenzt erlaubt (EU-Kosmetikverordnung). Furocumarinhaltige ätherische Öle müssen daher auch in therapeutischen Rezepturen gering dosiert werden. Es ist wichtig, sich nach dermaler Anwendung solcher Produkte für einige Stunden keiner direkten Sonnenstrahlung auszusetzen.

Anhand dokumentierter Messergebnisse über viele Jahre wird deutlich sichtbar, dass bei naturreinen ätherischen Ölen, orts-, klima-, ernte- und destillationsbedingt immer mit Schwankungen zu rechnen ist. Diese können teilweise erheblich sein, wie sich am Beispiel der Phellandrene mit dem Ergebnis von 8,5–24 Flächenprozent zeigt. Dieser Wirkstoff ist zudem auch duftgebend. Es gilt in der Therapie wie bei der Abgabe einer ätherischen Ölmischung die Patienten darauf hinzuweisen, dass eine weitere Rezeptur, mit den exakt identischen ätherischen Ölmengen der Erstverordnung einen anderen Geruch aufweisen kann.

Anwendungsmöglichkeiten

Um über die Stimmungsverbesserung gleichzeitig das Immunsystem zu beeinflussen, bieten sich verschiedene praktische Anwendungen an. Welche Anwendungsarten für die einzelnen Therapien ideal sind, wird meist gemeinsam mit den Patient*innen geklärt, bzw. von Situation zu Situation, z. B. bei stationären Anwendungen auch mit den Pflegefachkräften für die Patienttin bzw. den Patienten abgestimmt.

Raumbeduftung

Eine Möglichkeit ist die Raumbeduftung mit einer Kerzenduftlampe oder elektrischen Geräten. Elektrische Beduftungsgeräte gibt es in verschiedenen Ausführungen für kleinere und größere Räume und mit verschiedenen Regulierungsmöglichkeiten wie z. B. eine Intervallbeduftung mittels Zeitschaltuhr. Ob zu Hause, in der Praxis oder im Büro, ein Beduftungsgerät sorgt nicht nur für ein angenehmes Raumklima, es beeinflusst auch das Wohlbefinden.

Die Geräte müssen regelmäßig gereinigt und täglich mit neuen Duftölen bestückt werden.

Für einen Raum mit ca. 25 m2 genügen meist 8–12 Tropfen einer ätherischen Ölmischung.

Riechfläschchen

Die ätherische Ölmischung wird nach Bedarf genutzt, um daran zu schnuppern.

Duftstick oder ein Dufttüchlein

Tücher oder Sticks sind praktisch für unterwegs. Etwa 2–4 Tropfen auf das Vlies geben und bei Bedarf daran schnuppern. Fürs Auto gibt es geeignete Bedufter mit Steckvorrichtung für die Lüftungsschlitze.

Rezept

Bei der Erstellung einer therapeutischen Rezeptur ist es für Therapeut*innen und Selbstzahlerpatient*innen nicht unerheblich, auch auf die Kosten zu achten. Ätherische Öle sind preislich sehr unterschiedlich, da bei manchen ätherischen Ölen wie z. B. den Kaltpressungen von Schalenfrüchten weitaus weniger Destillationsmaterial für die gleiche Menge benötigt wird als z. B. bei Melisse oder Rosenblüten. Für Zitrusöle genügen unter 200 kg Schalen, bei der kultivierten Maschinenernte der Melisse benötigt man ca. 7 Tonnen für die meist kurze Destillation unter einer Stunde. Für die von Hand gepflückten Rosenblüten benötigt der Destillateur bis zu 4 Tonnen Pflanzenmaterial und hat zudem einen Mehraufwand an Wasser und Energie für die ca. sechsstündige Destillationsführung.

So liegen die Verkaufspreise bei einer Menge von 5 ml ätherischem Öl für die Endverbraucher bei Zitronenöl bei etwas über 5 Euro, bei Angelikawurzelöl bei knapp 50 Euro, bei Melissenöl kostet der Milliliter über 20 Euro und der Preis für 5 ml Rosenöl liegt schon bei 95 Euro. So finden sich bei den kostbaren Ölen wie Melisse, Neroli, Rose und Iris im Markt meist Verdünnungen zu 1 % oder 10%. Wichtig zu wissen ist, dass Irisöl das teuerste Öl ist, das aber aufgrund seines intensiven Duftes nur 1%ig zur Therapie eingesetzt wird. Irisöl zählt zu den Duftölen, das Menschen mit geschwächtem Immunsystem und belastender Lebenslage wieder auf die Beine helfen kann.

Im Folgenden finden sich Rezepturideen, die als Anhalt gelten können für die ärztliche Praxis und individuell angepasst werden können. Zudem lohnt sich ein Dialog mit der herstellenden Apotheke hinsichtlich eines geeigneten Sortiments an Ölen. Ziel ist, Patient*innen mit einem grünen Rezept gut zu versorgen.

„Immunstark“

  • 2 Tr. Angelikawurzel (Angelica archangelica)
  • 7 Tr. Bergamotteminze (Mentha x piperita ssp citrata)
  • 7 Tr. Douglasie (Pseudotsuga menziesii)
  • 3 Tr. Muskatellersalbei (Salvia sclarea)
  • 2 Tr. Neroli (Citrus x aurantium)
  • 1 Tr. Vetiver 1% (Vetiveria zizanioides)

Anwendung

In entsprechender Zubereitung für Raumduft/-spray, Duftkompresse, Einreibung oder Körperöl.

Zubereitung

  • Duftkompresse: 2–3 Tr. der Grundmischung für eine Kompresse zum Riechen
  • Beduftungsgerät: 8–12 Tr. der Grundmischung je nach Raumgröße
  • Raumspray: 15 Tr. der Grundmischung in 50 ml 30%igem Alkohol
  • Sauna: 5–7 Tr. der Grundmischung in die Wasserkelle für einen Saunaaufguss
  • Hand- oder Fußeinreibung: 5–7 Tr. der Grundmischung als Individualrezeptur in 20 ml Jojobawachs
  • Körperöl: 15–20 Tr. der Grundmischung in 50 ml fettem Pflanzenöl

Tipp

Fügen Sie ein sehr aromatisches Öl, wie z. B. Hanf- oder Walnussöl, zu einem Drittel einem anderen Pflanzenöl hinzu, um einen Duft stark riechender ätherischer Öle etwas einzudämmen.

Hautanwendungen

Praktisch und beliebt sind Naturparfüms. Hierfür werden ca. 20–25 Tropfen einer ätherischen Ölmischung in 10 ml Jojobawachs oder Sesamöl gemischt. Davon lässt sich bei Bedarf ein Tropfen auf den Handpuls, die Schläfe, am Dekolleté, Hals oder Solarplexus auftragen. Besonders praktisch sind Roll-ons.

Körper- und Massageöle, Bad und Sauna, Wickel und Auflagen

Die duftenden Pflanzenwirkstoffe sind zellgängig und beeinflussen so nicht nur Zentren des Gehirns und das vegetative Nervensystem, sondern gelangen auch systemisch in den Organismus.

Naturparfüm bei Stress und Angstzuständen

  • 5 Tr. Iris 1 % (Iris x germanica)
  • 3 Tr. Neroli (Citrus x aurantium)
  • 1 Tr. Vetiver (Vetiveria zizanioides)
  • 7 Tr. Zirbelkiefer (Pinus cembra)
  • 10 ml Jojobawachs (Simmondsia chinensis)

Anwendung

Mehrmals täglich nach Bedarf punktuell auftragen.

Raumduft bei Erkältung und Sauna-Öl

  • 2 Tr. Angelikawurzel (Angelica archangelica)
  • 7 Tr. Douglasie (Pseudotsuga menziesii)
  • 5 Tr. Thymian Ct linalool (Thymus vulgaris)
  • 7 Tr. Zirbelkiefer (Pinus cembra)
  • 5 Tr. Zypresse (Cupressus sempervirens)

Anwendung

Sauna: 5–7 Tr. der Grundmischung in die Wasserkelle für einen Saunaaufguss

Beduftungsgerät: 8–12 Tr. der Grundmischung je nach Raumgröße

Raumspray: 15 Tr. der Grundmischung in 50 ml 30%igem Alkohol

Schlafstörungen, Unruhe, Ängste

  • 1 Tr. Iris 1% (Iris x germanica)
  • 7 Tr. Ho-Scho (Cinnamomum camphora)
  • 5 Tr. Melisse 10% (Melissa officinalis)
  • 5 Tr. Sandelholz 10% (Santalum austrocaledonicum)

Anwendung

Raumspray: 15 Tr. der Grundmischung in 50 ml 30%igem Alkohol

Duftkompresse: 2–3 Tr. der Grundmischung für eine Kompresse zum Riechen

Beduftungsgerät: 8–12 Tr. der Grundmischung je nach Raumgröße

Hand- oder Fußeinreibung: Grundmischung als Individualrezeptur in 20 ml Jojobawachs

Körperöl: Grundmischung als Individualrezeptur in 50 ml fettem Pflanzenöl

Stress lösen und entspannen

  • 1 Tr. Atlaszeder (Cedrus atlantica)
  • 5 Tr. Ho-Sho (Cinnamomum camphora)
  • 3 Tr. Kamille römisch 10 % (Chamaemelum nobile)
  • 6 Tr. Rose 1 % (Rosa damascena)

Anwendung

Warme Ölkompresse: 5 Tr. der Grundmischung auf einen Esslöffel Pflanzenöl, Kompresse damit tränken und auf Solarplexus auflegen, mit Zwischentuch und vorgewärmtem Handtuch abdecken, so lange wie angenehm auf Körper belassen.

Hand- oder Fußeinreibung: Grundmischung als Individualrezeptur in 20 ml Jojobawachs.

Entspannungsbad: Grundmischung mit etwas Neutralseife oder Sahne vermischt dem Badewasser zugeben.

Info

Bei den 1%igen oder 10%igen Ölen handelt es sich um Verdünnungen besonders intensiv duftender Öle in Jojobawachs. Das ermöglicht eine exakte Dosierung und einen nachhaltigeren Umgang mit diesen kostbaren Naturstoffen.

Zuwendung und Berührung in Verbindung mit wohlduftenden Anwendungen bewirken die Ausschüttung von Nervenbotenstoffen. Insofern ist Hautpflege auch Seelenpflege. Menschen erfahren hierbei Wertschätzung und Selbstwirksamkeit. Die positiven Auswirkungen auf das Immunsystem sind hinreichend bekannt.

Besonders wohltuende Anwendungen zur Steigerung der Abwehrkräfte sind Ganzkörperwickel oder Ölkompressen mit stress- und angstlösenden ätherischen Ölen, Entspannungsbäder und regelmäßige Sauna. Bei Letzterem sind Einreibungen zum Beginn der Schweißbildung einem Aufguss vorzuziehen, da dann das ätherische Öl direkt über die Haut aufgenommen wird und nicht nur der kurze Duftreiz eines Aufgusses zur Wirkung kommt. Idealerweise werden ca. 5-7 Tr. ätherisches Öl vor dem Saunagang mit ca. 2 TL Salz oder Honig angemischt und dann großflächig auf der Haut verteilt.

Trägeröle für Hautanwendungen

Für Hautanwendungen werden fette Pflanzenöle als Trägersubstanz benötigt. Die Haut ist ein wichtiger Teil des Gesamtimmunsystems [13]. Damit kommt einer natürlichen Hautpflege mit hochwertigen nativen Pflanzenölen eine besondere Bedeutung zu. Auf diese Weise werden Epidermis, Hydrolipidmantel und physiologisches Hautmikrobiom mit all ihren Funktionen gesund erhalten und die Haut kann ihre Aufgaben als Abwehrorgan wahrnehmen. Zur optimalen Hautpflege ist es sinnvoll, ein Pflanzenöl mit ausgewogenem Verhältnis von gesättigten und ungesättigten Fettsäuren zu wählen. Bei der Wahl des Öls ist zusätzlich zu beachten: Je stärker der Eigengeruch des fetten Pflanzenöles, desto geringer ist der Duft der ätherischen Öle.

Die Kunst des Mischens

In der Aromatherapie wird zwischen frischen, anregenden und meist beliebten Kopfnoten, den blumigen und ausgleichenden Herznoten sowie den schweren und nachhaltig duftenden Basisnoten unterschieden. Letztere werden immer sehr sparsam dosiert. [Tab. 1] gibt eine Übersicht über Duftnoten, Eigenschaften sowie Hinweise zur Dosierung in ätherischen Ölen.

Haltbarkeit ätherischer Öle

Ätherische wie fette Pflanzenöle sind begrenzt haltbar. Sie entwickeln unter Sauerstoffzufuhr und Licht gesundheitsschädigende Stoffe und dürfen nicht mehr verwendet werden. Oxidierte ätherische Öle sind nicht riechbar, fette Pflanzenöle hingegen riechen dann ranzig. Beachten Sie immer die Verwendbarkeitsfristen ab Anbruch und arbeiten Sie unter sauberen Bedingungen.

Voraussetzung für Eigenmischungen sind frische und mikrobiologisch geprüfte Öle.

Aus Nachhaltigkeits- wie Hygienegründen muss abgewogen werden, ob nicht doch ein Fertigprodukt vorzuziehen ist.

Werden Aromamischungen therapeutisch benutzt oder sollen in Handel gebracht werden, gelten die gesetzlichen Regelungen. Zu den gesetzlichen Vorschriften von Bedarfsgegenstand, Kosmetika, Rezepturarzneimittel, Fertigarzneimittel oder Medizinprodukt siehe: https://www.forum-essenzia.org/der-leitfaden.html.

Ingeborg Stadelmann
Hebamme, Aromatherapeutin, Verlegerin und Referentin zu den komplementären Methoden Aromatherapie, Homöopathie, Phytotherapie.

Gisela Hillert
Apothekerin, Aromaexpertin, Autorin und Referentin für Aromatherapie und Phytotherapie und außerdem Fachbeirätin im Vorstand von Forum Essenzia e. V.

  1. Steflitsch W. Immunsystem und Infektionen. In: Steflitsch W, Wolz D, Buchbauer G, Heuberger E, Stadelmann I, Hrsg. Aromatherapie in Wissenschaft und Praxis. Wiggensbach: Stadelmann; 2021: 243
  2. Kiecolt-Glaser JK, Garner W, Speicher C. et al Psychosocial modifiers of immunocompetence in medical students. Psychosom Med 1984; 46 (01) 7-14
  3. Walburn J, Vedhara K, Hankins M. et al Psychological stress and wound healing in humans: A systematic review and meta-analysis. J Psychsom Res 2009; 67: 253-271
  4. Singer M, Schubert C. Kein Körper ohne Seele. UGBforum 2014; 06: 270-273
  5. Alexander M. Aromatherapy and Immunity: How the use of essential oils aid immune potentiality. Int J Aromather 2001; 11: 152-156
  6. Li Q, Kobayashi M. Inagaki, et al Effect of phytoncides from forest environments on immune function. In: Li Q, Hrsg. Forest Medicine. New York: Nova Biomedical Verlag; 2013: 159-169
  7. Li Q. et al Effect of phytoncides from trees on human natural killer cell function. Int J Immunopathol Pharmacol 2009; 22 (04) 951-9 DOI: 10.1177/039463200902200410.
  8. Tullio, et al Immune defences: A view from the side of the essential oils. Molecules 2023; 28: 435 DOI: 10.3390/molecules28010435.
  9. Peterfalvy A. et al Much more than a pleasant scent: A review on essential oils supporting the immune system. Molecules 2019; 24: 4530 DOI: 10.3390/molecules24244530.
  10. Dimitrov S, Lange T, Gouttefangeas S. et al Gαs-coupled receptor signaling and sleep regulate integrin activation of human antigen-specific T cells. J Exp Med 2019; 216 (03) 517-526
  11. Jellinek JS. Psychodynamic odor effects and their mechanisms: Failure to identify the mechanism can lead to faulty conclusions in odor studies. Cosmetics Toilet 1997; 112: 61-71
  12. Heuberger E. Wirkmechanismen von Duftstoffen und ätherischen Ölen: Wie beeinflussen sie Emotionen und kognitive Leistungen?. Zeitschrift für Phytotherapie 2021; 42: 175-181 DOI: 10.1055/a-1406-4277.
  13. Braunschweig v R. Das große Buch für die gesunde Haut. Wiggensbach: Stadelmann 2022: 82
  14. Stadelmann I. Aromapflege – praktische Aromatherapie für den Pflege- und Familienalltag. Wiggensbach: Stadelmann; 2020
  15. Heuberber E, Stappen I, Rudolf von Rohr R. Riechen und Fühlen. Fischer und Gann 2017
  16. Beier C, Danner H, Demleitner M, Hamm D. Aromapraxis heute. München: Elsevier; 2022
  17. Michalsen A. Heilen mit der Kraft der Natur. Berlin: Insel Verlag; 2020
  18. Stadelmann I. Aromapflege – praktische Aromatherapie für den Pflege- und Familienalltag. Wiggensbach: Stadelmann; 2020